© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    15/97  04. April 1997

 
 
Programm - wozu?
Kolumne
von Andreas Mölzer

Parteiprogramme sind nicht einmal das Papier wert, auf dem sie stehen, meinen Zyniker. Der Versuch, politische Zielsetzungen einer Bewegung in dürre Postulate zu gießen, und darüber hinaus noch die eigenen Ansichten über die Probleme der Welt und der Menschheit vollständig und geschlossen zu kodifizieren, ist kein schwieriges, sondern ein eher einfältiges Unterfangen, meinen Realisten. Und schließlich, so die Kenner der realen Politik, wer liest denn die Parteiprogramme? Am wenigsten die wirklichen Entscheidungsträger in den Parteien. Und innerhalb der FPÖ gelte ohnedies das "gesprochene Wort des Vorsitzenden", so dessen Kritiker.

Nichtsdestotrotz haben sich gerade Jörg Haiders Freiheitliche in den vergangenen Jahren einigermaßen mit Fragen des Parteiprogramms gequält: Um das vor nunmehr zwölf Jahren beschlossene Salzburger Programm den veränderten Verhältnissen in der Partei, der österreichischen politischen Landschaft und der Weltpolitik anzupassen, wurde in den vergangenen Jahren bereits einiges an Gehirnschmalz aber auch an Milch der frommen Denkungsart in Bewegung gebracht. Ein "Wertekatalog" und "Thesen zur politischen Erneuerung", Bekenntnisbücher des Parteichefs und Sammelbändchen der Vordenker, "weil das Land sich ändern muß". Bis hin zur Enthüllung, "was kommt nach links und rechts", durch Quereingestiegene. Und nun, angekündigt seit zwei Jahren Ewald Stadlers einigermaßen "schlanke" Arbeitsgruppe zur Programmausarbeitung.

Nach Jörg Haiders Absage an die Deutschtümelei glauben gerade die Kerngruppen der Gesinnungsgemeinschaft, daß die Neuformulierung dieses Themenbereichs die eigentliche, freiheitliche Schicksalsfrage sei. In den Anträgen zum Parteiauftakt der Wiener FPÖ wimmelt es nur so von Rettungsinitiativen für die deutsche Kulturgemeinschaft. Und Stadlers entsprechender Programmentwurf (die JF berichtete in der Vorwoche darüber) erwies sich ja als wirklich tadellos, als kompromißfähig. Wie nun gemunkelt wird, soll dem doch nicht so sein: Des Parteiobmannes Absage an die "Tümelei" sei nicht konsequent genug berücksichtigt worden. Und überhaupt gibt es offenbar doch das Bedürfnis, Stadlers Entwurf eingehender zu diskutieren. Der ursprünglich für Juni geplante Parteitag dürfte also verschoben werden. Warum auch nicht. Es stellt sich die Frage, ob eine plebiszitäre Emanzipationsbewegung wie die FPÖ überhaupt ein Parteiprogramm braucht. Ein Werte-Minimalkonsens würde reichen.


 
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