© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    15/97  04. April 1997

 
 
Zeitschriftenkritik: "TOP"
Konservative Guerilla
von Jürgen Hatzenbichler

Über ein Jahr lang war Sendepause: Jetzt hat Hans Pretterebner wieder eine neue Ausgabe seines Monatsmagazins TOP auf den Markt geworfen. Die inhaltlichen Schwerpunkte sind deutlich. Einerseits gut recherchierender Magazinjournalismus, diesmal mit dem Hauptartikel "Was die Briefbombenfahnder vertuschen", der die Irreführung der Staatspolizei durch linke Journalisten sehr gut dokumentiert. Aufgedeckt werden auch die linken und linksextremen Connections bestimmter Teile des Cartellverbandes. Im Interview findet sich "Haiders Dobermann", FP-Klubobmann Ewald Stadler, der flugs das Ende der Volkspartei verkündet.

Andererseits hat TOP mit dem neuen Heft einen wesentlich verstärkten "theoretischen" Teil: Die Kommentierung und die gesellschaftspolitische Reflexion sind wichtiger geworden. Hier hat sich Chefredakteur und Herausgeber Hans Pretterebner sehr um Qualität bemüht. In der Riege der Autoren finden sich Namen wie Andreas Razumovsky (ehemaliger FAZ-Korrespondent in Österreich), Martin Flossmann (Kabarett Simpl), der Osteuropa-Experte Carl-Gustav Ströhm und der FP-Bundesrat und Journalist Peter Sichrovsky.

Es ist zu hoffen, daß es Hans Pretterebner gelingt seine Zeitschrift sozusagen als "konservativer Magazinguerilla" zu etablieren. Der straffe Konservative, Anti-Sozialist mit Phobien gegen Deutschnationale, der früher einmal die Politischen Briefe editierte, hat es dabei sicher nicht leicht: Berühmt geworden ist Pretterebner durch das Aufdecken des Lucona-Skandals. Der versuchte Versicherungsbetrug des Zuckerbäckers Udo Proksch mittels im indischen Ozean versenktem Schiff und als "Atomanlage" aufgewertetem Schrott erschütterte die Republik, weil Pretterebner den ungeheuren Filz von Kriminalität und politischer Patronage beeindruckend und trotz aller massivsten Widerstände aufdecken konnte. Sein FPÖ-Engagement dürfte dem Topjournalisten jedoch eher geschadet haben. Teile seiner konservativen Klientel waren davon nicht sehr angetan, was die anfängliche Entwicklung des TOP-Magazins gehemmt hat. Obendrein mußte Pretterebner die Erfahrung machen, daß die freiheitliche Basis wiederum nicht sehr lesefreudig ist. Hinzu kam, daß Franz Vranitzky vor einem Jahr, damals noch Bundeskanzler, eine gerichtliche Beugestrafe in Millionenhöhe gegen das TOP-Magazin erwirkte wegen deren Persiflierung von SPÖ-Wahlkampfaussagen. Alles zusammen stürzte das Magazin in eine Krise, die mit der neuesten TOP-Ausgabe aber überwunden zu sein scheint. Vranitzky verlor alle Prozesse gegen TOP, und Pretterebner behauptet, daß die Kostendeckung jetzt annähernd erreicht sei. Trotzdem sucht man noch fleißig nach Kommanditbeteiligten und natürlich Abonnenten, ist dabei mehr auf

Mundpropaganda als auf "sündteuere Werbeaktionen", die man sich nicht leisten kann, angewiesen. Es ist allerdings zu hoffen, daß Pretterebner mit seinem Monatsmagazin das leisten kann, was er verspricht, nämlich "einmal im Monat einen Blick hinter die Kulissen der Macht" zu bieten.

TOP Monatsmagazin, Sailergasse 14, A–1010 Wien, Einzelpreis 48,– öS / DM 7,–, Jahresabo 480,– öS/DM 70,–


 
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