© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    19/97  02. Mai 1997

 
 
Forschung: Hilferuf von Industrie und Hochschulen
Zu wenig Geld für Innovation
von Norbert Niemann

Industrie und Universitäten sind sich einig: Es gibt in Österreich zu wenig Geld für Forschung und Entwicklung. Die technologische Zukunft Österreichs sei gefährdet, wenn es nicht endlich gelinge, den Anteil an Forschung und Entwicklung auf das Niveau der übrigen EU-Staaten zu bringen. Stattdessen kürze die Bundesregierung die finanziellen Zuschüsse in diesem Bereich, was die Österreich-Quote für das laufende Jahr auf 1,5 Prozent am Bruttoinlandsprodukt (BIP) auf 1,5 Prozent absenke. Der EU-Schnitt auf dem Gebiet der Forschung und Entwicklung lag 1995 bei 2,1 Prozent, die Österreich-Quote bei 1,53 Prozent des BIP. Im vergangenen Jahr sank diese Quote auf 1,51 Prozent, für das heurige Jahr rechnet man mit einem weiteren Rückgang auf 1,5 Prozent. Alle führenden Wirtschaftsnationen geben deutlich mehr für F orschung und Entwicklung aus, durchschnittlich zwischen 2,3 und 3 Prozent des BIP.

Das Wirtschafsforschungsinstitut habe bereits auf eine alarmierende Technologielücke im Außenhandel hingewiesen. Österreich importiere um 22 Mrd. Schilling mehr High-Tech-Produkte als es exportiert. Um diese Lücke zu schließen und die Forschungsquote auf EU-Niveau zu bringen, müßten in den nächsten sechs Jahren 40 Milliarden Schilling investiert werden.

"Es sei bekannt, daß jeder Schilling, der in Forschung und Entwicklung investiert werde, bei den Unternehmen acht bis 15 Schilling Umsatz auslöste. Im Forschungsbereich könnten hochwertige Arbeitsplätze geschaffen werden, ebenso würden Forschungsergebnisse und deren Umsetzung zur Schaffung weiterer Arbeitsplätze und auch zur Arbeitsplatzsicherung in der Produktion beitragen", sagte der freiheitliche Wirtschafts- und Industriesprecher Thomas Prinzhorn.

"Österreich müsse mittelfristig eine Verdoppelung der Forschungsaufwendungen anstreben. Diese müßten vor allem von der öffentlichen Hand getragen werden, da der Anteil der Forschungsförderungen an den entsprechenden Gesamtausgaben derzeit etwa acht Prozent betrage. Im internationalen Vergleich seien hier Werte um die 20 Prozent üblich. Zu den Forschungsaufwendungen der Unternehmen trage die Forschungsförderung lediglich sechs Prozent bei, forderte Thomas Prinzhorn.

Seitens der Universitäten läuft die Argumentation in dieselbe Richtung. Professor Willi Brauneder hat bereits mehrfach darauf hingewiesen, daß ein "Kaputtsparen" der Universitäten beschämend und dem Image Österreichs als international renommierter Forschungsstandort abträglich sei. "Der Staat stehle sich unter dem Deckmantel der Autonomie klar aus der Verantwortung. Die im EU-Vergleich vorgegebene Forschungsquote liege weit unter der imaginären Zwei-Prozent-Schmerzgrenze und stelle der Bundesregierung ein blamables Zeugnis aus", kritisierte Brauneder.

"Die Universitätsgremien sollten selbst tätig werden: Einerseits bestehe die Forderung nach Autonomie, andererseits werde nach obrigkeitlichem Handeln gerufen, das passe nicht zusammen. Die Universitäten benötigen nicht Ideen vom Staat, sondern ausreichend finanzielle Mittel", sagte Brauneder.


 
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