© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    20/97  09. Mai 1997

 
 
Großbritannien: Nicht nur Labour konnte Sieg landen
Schotten dürfen feiern
von Petra Schirren

Neben dem großen Sieger der Parlamentswahlen in Großbritannien – der Labour Party (die prozentual ihr bestes Ergebnis nach 1945 einfuhr) – gibt es noch einen weiteren klaren Gewinner, dessen Stimmenzuwächse ebenfalls den Charakter eines Erdrutsches haben: die Scottish National Party (SNP). Die Schottische Nationalpartei konnte ihre Mandate zu Lasten der nunmehr in Schottland (und auch in Wales) völlig ausgebooteten Konservativen auf sechs verdoppeln. Mit 600.000 Wählern und 22 Prozent der Stimmen ist die SNP in Schottland nach Labour zweitstärkste Kraft. Angesichts dieses Aufschwungs für die Nationalisten und den Labour-Versprechungen, Schottland werde unter einer Linksregierung wieder ein eigenes Regionalparlament bekommen, stehen den Briten nun massive Zugeständnisse an die schottischen Autonomiewünsche ins Haus.

Die vom Milliardär James Goldsmith initiierte Referendum Party als Anti-Maastricht-Bewegung kam in den 554 Wahlkreisen, in denen sie kandidierte, auf 810.231 Stimmen (3 Prozent). Goldsmith rechnet es sich als sein Verdienst an, durch Kandidaten seiner Partei 14 EU-freundliche Tory-Abgeordnete um ihr Mandat gebracht zu haben. Diese Wahlkreise fielen nun Labour und den ebenfalls gestärkten Liberalen zu. Während die walisische Nationalpartei Plaid Cymru sich mit vier Sitzen (120.000 Wählerstimmen) auf dem vorherigen Stand halten konnte, vermochte auch die irisch-republikanische Sinn Féin in Nordirland zuzulegen. Vor allem eroberte die Partei von Gerry Adams den Wahlkreis "Ulster Mid", der bislang von der anglikanisch-konservativen DUP Ian Paisleys regiert worden war. Sinn Féin-Chef Adams holte sich seinen zwischenzeitlich verlorenen Wahlkreis in West-Belfast gegen den gemäßigt katholischen Bewerber Joe Hendron zurück.

Das gute Abschneiden von Sinn Féin könnte die neue Labour-Regierung veranlassen, auch diese Partei an der für den 3. Juni geplanten Fortsetzung der Allparteien-Friedensgespräche für Nordirland zu beteiligen. Die Major-Regierung hatte dies unter Verweis auf den Waffenstillstandsbruch der Sinn Féin nahestehenden IRA abgelehnt.


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen