© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    20/97  09. Mai 1997

 
 
Anti-Wehrmachtsausstellung: Worüber die Initiatoren Reemtsma und Heer schweigen
Stalins Fackelmänner-Befehl 0428
von Jürgen Mohn

Die derzeit in Frankfurt am Main zu sehende Wanderausstellung "Vernichtungskrieg – Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944" versucht den Eindruck zu erwecken, die Partisanenbewegung in der Sowjetunion sei allein durch Greueltaten der deutschen Wehrmacht entstanden. Die Initiatoren schweigen jedoch zum Befehl Nr. 0428, den Josef Stalin am 17. November 1941 erlassen hatte. Er beinhaltete, daß Geheimkommandos der Roten Armee möglichst in deutschen Uniformen im rückwärtigen Gebiet der Wehrmacht Häuser abbrennen, um in der Zivilbevölkerung Haß auf die Deutschen zu entfachen. Agenten des sowjetischen Geheimdienstes NKWD fotografierten die Verbrechen, um diese "Filmdokumente" dann propagandistisch ausschlachten zu können. Der sogenannte "Fackelmänner-Befehl" belegt exemplarisch, daß sowjetische Untaten in dieser Kriegsphase teilweise wohlkalkuliert waren (um harte deutsche Reaktionen zu provozieren) und daß der "andere Charakter" des Krieges im Osten keine deutsche Erfindung war. Der Text des Befehls im Wortlaut:

"1. Alle Siedlungspunkte, an denen sich deutsche Truppen befinden, sind auf 40 bis zu 60 Kilometer ab der Hauptkampflinie in die Tiefe zu zerstören und in Brand zu setzen, 20 bis 30 Kilometer nach rechts und links von den Wegen. Zur Vernichtung der Siedlungspunkte in dem angegebenen Radius ist die Luftwaffe hinzuzuziehen, sind Artillerie- und Granatwerferfeuer großflächig zu nutzen, ebenso die Kommandos der Aufklärung, Skiläufer und Partisanen-Divisionsgruppen, die mit Brennstoff-Flaschen ausgerüstet sind. Die Jagdkommandos sollen, überwiegend aus Beutebeständen in Uniformen des deutschen Heeres und der Waffen-SS eingekleidet, die Vernichtungsaktionen ausführen. Das schürt den Haß auf die faschistischen Besatzer und erleichtert die Anwerbung von Partisanen im Hinterland der Faschisten. Es ist darauf zu achten, daß Überlebende zurückbleiben, die über ’deutsche Greueltaten’ berichten können.

2. Zu diesem Zweck sind in jedem Regiment Jagdkommandos zu bilden in Stärke von 20 bis 30 Mann, mit der Aufgabe, Sprengung und Inbrandsetzung der Siedlungspunkte durchzuführen. Es müssen mutige Kämpfer für diese kühnen Aktionen der Vernichtung von Siedlungspunkten ausgewählt werden. Besonders jene, die hinter den deutschen Linien in gegnerischen Uniformen Siedlungspunkte vernichteten, sind zu Ordensverleihungen vorzuschlagen. In der Bevölkerung ist zu verbreiten, daß die Deutschen die Dörfer und Ortschaften in Brand setzen, um die Partisanen zu bestrafen."

Verwahrt wird das Dokument des Stalin-Befehls 0428 im Nationalarchiv Washington unter der Kennzeichnung "Archiv Serie 429, Rolle 461, Generalstab des Heeres, Abteilung Fremde Heere Ost, II H 3/70 Fr 6439568". Gegenüber der JUNGEN FREIHEIT bestätigte Joachim Hoffmann, langjähriger Wissenschaftlicher Direktor des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes (MGFA) der Bundeswehr, daß ein entsprechender Befehl Stalins erlassen wurde. Ein Faksimile des Befehls hat der russische Stalin-Biograph General Dmitrij Wolkogonow, damals Chef der Politischen Hauptverwaltung der Roten Armee, veröffentlicht, so Hoffmann.

Den Abschnitt über die deutschen Uniformen kann Hoffmann jedoch nicht bestätigen. Des weiteren sei der im Befehl auftauchende Begriff "Waffen-SS" seinerzeit in der Sowjetunion nicht verwendet worden. Über Umfang und Wirkungen des Befehls liegen bislang keine exakten Angaben vor. Alexander Epifanow ("Die Tragödie der deutschen Kriegsgefangenen in Stalingrad", Biblio Verlag, Osnabrück 1996) schildert jedoch einen Fall, in dem die den deutschen Truppen angelastete Verbrennung der Zivilbevölkerung eines Dorfes vom sowjetischen Geheimdienst NKWD vorgenommen wurde.


 
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