© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    20/97  09. Mai 1997

 
 
System "IM Euro"
Kommentar
von Bernd-Thomas Ramb

Dünn gesät sind sie allemal, die vorgeblich fachkundigen Befürworter der Euro-Währung. Die geld- und währungstheoretisch anerkannten und angesehenen Wirtschaftswissenschaftler haben sich nahezu ausnahmslos gegen die Idee einer zwangsverordneten Währungsunion in Europa ausgesprochen – nicht nur in Deutschland, sondern auch in Österreich, der Schweiz, in Holland, Frankreich, Großbritannien und vor allem in den USA.

Man muß also schon etwas zahlen, um jemanden zu bewegen, etwas so zu sagen, wie er es ohne finanzielle Entschädigung nicht gesagt hätte. Die bisher ans Tageslicht geratenen Fälle – mit Sicherheit nur die Spitze eines Eisbergs – bieten sich als Paradebeispiele für die ökonomische Theorie der Bestechung an. Für 4.000 Schilling etwas Positives zum Euro zu sagen bedeutet, daß es Menschen gibt, die bereit sind, für umgerechnet 560 D-Mark etwas zu sagen, was sie ohne dieses Geld nicht machen würden. Stimmen die zunächst eingestandenen Zahlen, haben 170 von 250 angesprochenen Referenten den vorgegebenen Lohn akzeptiert. Wenn sich die EU-Kommission ökonomisch rational verhält, wird sie über ein System von Entlohnungsstufen versuchen, weitere Euro-Jubelperser durch höhere Zahlungen zu gewinnen. So lange der Haushaltstopf hält, sind nach oben sowohl preisliche, als auch personelle Grenzen austestbar.

Unverständlich bleibt allein die Geheimhaltungspolitik. Das konspirative Umfeld mag zwar einen ersten Schutz gegenüber der Entlarvung bestechlicher Fachleute sein, eine dauerhafte Sicherheit bietet das System "IM Euro" jedoch nicht. Zudem sind die potentiellen Kosten, die bei einer Enttarnung im öffentlichen Ansehen der Euro-EU entstehen, vernachlässigbar gering: Angenommen, es käme heraus, daß ein BDI-Chef oder ein Vorstandsmitglied der Deutschen Bank für lautes Euro-Jubeln millionenschwere Geldbeträge von einer deutschen Maastricht-Partei erhalten hätte – es sei nochmals betont: Dieser Supergau der Desinformationskorruption sei nur angenommen – was würde es ändern? Eine Bevölkerung, die sich trotz medialen Dauerbeschusses mit falschen Informationen ihr gesundes ökonomisches Mißtrauen bewahrt hat und dem Euro-Abenteuer mit überwältigender Ablehnung begegnet, gleichzeitig aber mit großer Mehrheit annimmt, daß der Euro dennoch kommt, würde allenfalls mit den Achseln zucken und sagen: Mich wundert das nicht.

Der das Erscheinungsbild der EU nicht weiter verschlechternde, in seiner Wirkung aber auch unerhebliche Bestechungsskandal ist somit nicht mehr als ein weiterer Tropfen im Meer der sinnlosen EU-Geldverschwendung.


 
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