© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    21/97  16. Mai 1997

 
 
FPÖ-Parteiprogramm: Begutachtung durch Landes- und Vorfeldorganisationen
Beruhigung um das Programm
von Max Andergaszt

Die Bundes-Vorstandssitzung der FPÖ, die am 22. April im Wiener Hotel Wimberger stattfand, war völlig von der Debatte um das neue Parteiprogramm geprägt. In den strittigen Kapiteln, nämlich jenen um die Kirchenannäherung der FPÖ und jenem, in dem die Volkstumsfrage behandelt wird, gab es naturgemäß die meisten Abänderungen. Der Begriff "wehrhaftes Christentum" wurde durch die Formulierung "Christentum, das seine Werte verteidigt" ersetzt. In den ersten Leitsatz wurde auf Initiative Jörg Haiders eine Erweiterung eingefügt, wonach es nun heißt: "Die vom Christentum geprägte und von der Aufklärung weiterentwickelte Wertordnung bildet das wichtigste geistige Fundament Europas." Auch die Formulierung "ein zunehmender islamischer Fundamentalismus" wurde durch die Passage "religiöser Fundamentalismus" ersetzt und so entschärft.

Insgesamt stellt das Kapitel "Christentum, Fundament Europas" nun eine durchaus maßvolle, positive Aussage der Freiheitlichen in Richtung Kirchen dar. Daß exponierte Vertreter derselben diese freiheitlichen Versuche einer Annäherung dennoch negativ als drohende Umarmung interpretieren, ist mehr als verwunderlich, da die drei Kernsätze des neuen Programms überaus positiv lauten: "Die vom Christentum geprägte und von der Aufklärung weiterentwickelte Wertordnung bildet das wichtigste geistige Fundament Europas" und weiter: "Die Bewahrung der geistigen Grundlagen des Abendlandes erfordert ein Christentum, das seine Werte verteidigt" sowie: "Die Sicherung der inneren Autonomie der Religionsgemeinschaften erfordert eine institutionelle von Kirche und Staat". Wer von kirchlicher Seite dagegen ankämpfen will, müßte sich wohl anstrengen, das gegenüber den Gläubigen zu begründen. Im Artikel "Recht auf Heimat" wurde nunmehr die taxative Aufzählung der in Österreich "historisch ansässigen Volksgruppen" vom Leitsatz in die Erläuterungen verschoben. Dies – wie aus Insider-Kreisen verlautet –, um die "Roma" nicht im Leitsatz aufscheinen lassen zu müssen. Jetzt ist auch der Begriff "Deutsche" und somit die "deutsche Mehrheitsbevölkerung" in die Erläuterungen gerückt. Diese Erläuterungen sollen jedoch nicht mehr mit einfachem Parteileitungsbeschluß abänderbar sein. Der zentrale Satz dieses Artikels in den Erläuterungen stehend lautet: "Das österreichische Volksgruppenrecht listet als Schutzobjekte die einzelnen, historisch ansässigen autochthonen Volksgruppen (Deutsche, Kroaten, Roma, Slowaken, Slowenen, Tschechen und Ungarn) auf, wobei die Deutschen die Mehrheitsbevölkerung gegenüber den zu schützenden Minderheiten vom Gesetz denklogisch vorausgesetzt wird".

An den Bundesparteivorstand für die Programmdiskussion eingereichte Papiere wie etwa die des Kärntner Landeshautptmann-Stellvertreters, Karl-Heinz Grasser, fanden keine Berücksichtigung. Grasser argumentiert dem Vernehmen nach in seinem Papier gegen die drohende Globalisierung in genau dem gleichen Sinne, wie dies JF-Gastautor Gerhoch Reisegger immer wieder tut. Großen Anklang bei der freiheitlichen Programmdiskussion fand er damit nicht.

Ob die heftige und öffentlich geführte Diskussion um das neue freiheitliche Parteiprogramm der Haider-Bewegung geschadet oder genützt hat, ist strittig (siehe Kommentar auf Seite zwei von Rüdiger Stix). Fest steht allerdings, daß kein Programm einer der österreichischen Parlamentsparteien in den vergangen Jahren so viel Medienecho hervorgerufen hat. Das erst vor einem Jahr beschlossene neue ÖVP-Programm, für das der Verteidigungsminister Fassl-abend zuständig war, wurde weitgehend unter Ausschluß der Öffentlichkeit diskutiert und beschlossen. Und auch das neue SPÖ-Parteiprogramm scheint nur einige wenige austromarxistische Fundamentalisten zu beschäftigen. Ob das neue Parteiprogramm die FPÖ "als glaubhafte Hüterin und Wahrerin des Österreich-Patriotismus" ins Bewußtsein der Bevölkerung bringt, bleibt offen.


 
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