© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    23/97  30. Mai 1997

 
 
Generationswechsel: Weikersheim hat einen neuen Präsidenten
Rückkehr zu den Wurzeln
von Frank Liebermann

Generationswechsel im Studienzentrum Weikersheim: Auf der diesjährigen Mitgliederversammlung trat der 84jährige Präsident, Ex-Ministerpräsident Hans Filbinger, aus Altersgründen zurück. Schon Wochen vorher war klar, daß sich der CDU-Bundestagsabgeordnete Freiherr Wolfgang von Stetten um die Nachfolge bewerben würde.

Trotzdem herrschte in dem voll besetzten Gewölbekeller eine gespannte Erwartung. Die Veranstaltung wurde von dem scheidenden Präsidenten des Studienzentrums eröffnet. Filbinger erklärte, daß er aus Altersgründen zurücktrete und es jetzt an der Zeit sei, den Generationswechsel zu vollziehen. In einem Rückblick schilderte er noch einmal die Ziele des Studienzentrums. So sollten die Nachwirkungen der linken Kulturrevolution überwunden werden, die Deutschland in einen Zustand der Lethargie versetzt hätten. Eines der wichtigsten Ziele des Studienzentrums sei die Wiedervereinigung gewesen. Durch die Besinnung auf die eigenen Wurzeln und ein christliches Menschenbild sei es nun an der Zeit, die innere Einheit zu vollziehen. Trotz heftiger Attacken auf das Studienzentrum habe es Linie gehalten. Hans Filbinger bleibt dem Studienzentrum erhalten. Als Ehrenpräsident wird er weiterhin die Arbeit unterstützen. Ebenfalls aus dem Präsidium ausgeschieden ist Brigadegeneral Heinz Karst. Auch er wird dem Studienzentrum als Ehrenmitglied verbunden bleiben.

Mit Spannung wurde der Punkt Neuwahlen erwartet. Wolfgang von Stetten verzichtete auf eine Rede. Er forderte die Mitglieder auf, ihm Fragen zu stellen. Im Vordergrund stand dabei sein Verhältnis zu Europa. Stetten bekannte sich zu Helmut Kohl und dem Euro. Für ihn sei es wichtig, "Europa nach vorne zu bringen". Auf die Frage, ob es auch in Zukunft einen lebendigen Diskurs mit den verschiedenen politischen Gruppierungen gebe, grenzte sich von Stetten von den Republikanern und der PDS ab. Er lehne es ab, mit Extremisten zu kooperieren. Ratlos zeigte sich Stetten, als er nach der Werbung von Jugendlichen gefragt wurde. Auch er habe keine Patentrezepte. Vielmehr forderte er die Anwesenden auf, im eigenen Umfeld nach Nachwuchs zu suchen.

Nach einer ruhigen und sachlichen Aussprache folgten Neuwahlen. Wolfgang von Stetten wurde per Akklamation ohne Gegenstimme als neuer Präsident gewählt. Für den scheidenden Heinz Karst wurde der Privatbankier und ehemalige Bundestagsabgeordnete Peter von der Heydt als neues Mitglied in das Präsidium gewählt. Neu mit dabei ist auch Manfred Rommel, der in Abwesenheit gewählt wurde. Seine inhaltliche Standortbestimmung nahm Stetten am darauffolgenden Tag vor. Beim 19. Jahreskongreß des Studienzentrums schilderte Stetten seine Vorstellungen von der zukünftigen Arbeit. Im vollbesetzten Rittersaal sprach er sich gegen linke "Political Correctness" aus. Er fühle sich einem "liberal-konservativen Gedankengut" verpflichtet. Kritik äußerte der ehemalige Richter an seiner eigenen Partei. Die CDU habe in den letzten Jahren finanzielle Wohltaten unter die Bevölkerung gebracht und es veräumt, gegen die Gefälligkeitsdemokratie Widerstand zu leisten. Nach der Wiedervereinigung hätten die Christdemokraten die Bürger nicht gefordert. Eine geistig-moralische Wende sei notwendiger denn je. Hart ging Stetten mit den Medien ins Gericht. So werde Gregor Gysi von den Medien hochgepuscht, die ihm bei jeder Gelegenheit eine Plattform bieten würden. Zu den Auswüchsen des Sozialstaats äußerte sich der Bundestagsabeordnete: "Es darf keine Arbeit in Deutschland geben, für die sich ein Deutscher zu schade ist." Eine Gesellschaft gehe immer dann zugrunde, wenn die Menschen nicht mehr bereit wären zu arbeiten. Es sei die Maxime von Ludwig Erhard gewesen, daß man nur das Geld verteilen könne, das vorher eingenommen wurde. "Nicht nur die Würde der Sozialhilfeempfänger ist zu beachten, sondern auch die Würde der Menschen, die diese aufbringen", so Stetten. Im Blick auf die deutsche Vergangenheit mahnte er etwas mehr Souveränität an. Indem sich ein Volk selbst erniedrige und hasse, finde es im Ausland keine Freunde sondern nur Verachtung. Kolonialismus und Sozialismus hätten genauso ihre Verbrechen und Völkermorde mit sich gebracht, wie es in Deutschland Verbrechen gab. Er wolle nicht aufrechnen, allerdings hätten andere Länder keinen Grund, mit dem Finger auf Deutschland zu zeigen. Als größte Gefahr auf dem Weg in das neue Jahrtausend bezeichnete Stetten den islamischen Fundamentalismus. Wenn sich nur zehn Prozent der hier lebenden Ausländer dieser Bewegung anschließen würden, seien die trojanischen Pferde bereits im Land.

Zitate zum Thema:

"Ich hoffe, daß sich durch von Stetten das Image von Weikersheim wandelt und wir nicht mehr in dieser rechten Schmuddelecke stehen."
Maximilian Beier, Politikwissenschafter, Bonn

"Ich glaube, Freiherr von Stetten wird das Studienzentrum Weikersheim so weiterführen, wie wir es gewohnt sind."
Dirk Pleger, Rechtsanwalt, Münster

"Er ist sehr kompetent. Ich erwarte, daß er das Studienzentrum in dem Geiste weiterführt, wie Hans Filbinger es gegründet und geführt hat."
Arno Krüger, Geschäftsführer der Walter-Eaymond-Stiftung, Köln

"Edmund Burke formulierte: Konservativ ist Kontinuität und Erneuerung. Ich hoffe, daß Wolfgang von Stetten dieses Motto umsetzen kann."
Klaus Hornung, Politikwissenschaftler, Reutlingen


 
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