© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    23/97  30. Mai 1997

 
 
Rolf-Josef Eibicht: Verfolgung deutscher Patrioten
Gesinnungsdiktatur
Rezension
von Thomas S. Fischer

Ist die freiheitliche Ordnung unseres Gemeinwesens gefährdet? Befindet sich Deutschland gar bereits auf dem Weg in eine finstere Gesinnungsdiktatur? Wie steht es um die Menschenrechte hierzulande? Der 46jährige Politikwissenschaftler Rolf-Josef Eibicht, der sich in den vergangenen Jahren vor allem durch Publikationen zur sudetendeutschen Frage hervorgetreten ist, vermittelt zusammen mit 35 weiteren Autoren (Historiker, Politologen, Juristen, Journalisten, Naturwissenschaftler u. a.) ein facettenreiches Bild der in Deutschland herrschenden Verfassungswirklichkeit, wobei die tatsachengestützte Darstellung staatlicher Willkür dem Werk insgesamt ein hohes Maß an Authentizität verleiht.

Allerdings geht Eibicht mit der Auswahl seiner Autoren unbefangen um: Hier findet sich der NPD-Vorsitzende Udo Voigt einträchtig neben dem CDU-Bundestagsabgeordneten Heinrich Lummer. Zudem ist ein Niveaugefälle in der Qualität der einzelnen Beiträge nicht zu übersehen: Die Bandbreite der Artikel reicht von wissenschaftlich fundierten historischen Studien bis zu reiner Polemik. Der Herausgeber trägt auch die Verantwortung dafür, daß sich einige seiner Autoren durch die Maßlosigkeit ihrer Behauptungen und unzulässige Vereinfachungen eher kontraproduktiv zum eingeklagten Ziel freiheitlicher Ordnung verhalten und dadurch die Glaubwürdigkeit des Werkes als Plädoyer für eine funktionierende Demokratie aufs Spiel setzen.

Dennoch sprechen die in diesem Sammelband dokumentierten Fakten durchaus für sich. Sie offenbaren das Syndrom der Patriotenverfolgung, das den vielfachen eklatanten Verfassungsbruch des politischen Establishments widerspiegelt und dabei folgende Symptome sichtbar werden läßt: "Pervertierung der Meinungsfreiheit" (Emil Schlee, Per-Lennart Aae), vor allem durch die Neufassung des Volksverhetzungsparagraphen 130 des Strafgesetzbuches (StGB) und medialen Gesinnungsterror; Demontage der Freiheit von Wissenschaft, Forschung und Lehre durch krampfhaftes Festhalten an längst widerlegten Geschichtslegenden sowie Repressalien gegen Revisionisten, Einschränkung der Versammlungsfreiheit durch Gewalt gegen friedliche Veranstaltungen "rechter" Parteien; Instrumentalisierung und Mißbrauch von Verfassungsschutz und Geheimdiensten zur Verfolgung politischer Gegner (Einsatz von V-Leuten, Observation, Lausch- und Glotzangriffe, Postüberwachung); Eingriff in die Unabhängigkeit der Justiz durch ihre flächendeckende Politisierung mittels Ämterpatronage. Der über 650 Seiten umfassende Sammelband beschränkt sich jedoch nicht allein auf die Patriotenverfolgung, sondern thematisiert Meilensteine der Zeitgeschichte, ohne auch nur ein einziges Tabu unberührt zu lassen: Versailler Vertrag als "Grundübel des 20. Jahrhunderts" (Eibicht); Rechtmäßigkeit des Münchener Abkommens von 1938; Zweiter Weltkrieg als "Fortsetzung des 1918 unterbrochenen Vernichtungskrieges gegen Deutschland" (Alfred Ardelt); Hitlers Angriff auf die Sowjetunion als Verhinderung des bolschewistischen Vormarsches nach Westeuropa.

Ein Hauptanliegen Eibichts und seiner Mitautoren ist das Eintreten für den Revisionismus als seriöse, quellenkritische Geschichts- und Politikwissenschaft. Diese Selbstverständlichkeit wird mit großem Nachdruck eingefordert, da in der veröffentlichten Meinung der Bundesrepublik Revisionismus entgegen seiner ursprünglichen Bedeutung mit Geschichtsfälschung gleichgesetzt wird. Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Januar 1994 sind jedoch "Auffassungen, die sich in der wissenschaftlichen Diskussion durchgesetzt haben, … der Revision und dem Wandel unterworfen" (zitiert nach Alfred Schickel), wodurch jeder Historiker per se Revisionist sein muß. Daher sollte jedoch auch der Patriotismus als "Überlebensimperativ unseres Volkes" (Uhle-Wettler) nicht zu kurz kommen. Darüber hinaus möchte Eibicht den Patriotismus "unabdingbar mit der religiösen Frage verbunden" wissen, da er die Krise in Europa und Deutschland als eine Glaubenskrise ansieht. Fazit des Autors: "Eine Demokratie ohne Patriotismus und ohne Glauben an einen Gott endet in der Tyrannei und dem Verfall auf allen Ebenen." Neben den bereits angesprochenen Einwänden zum Inhalt und zur Zusammensetzung der Autoren sind als formale Mängel in erster Linie das Fehlen eines Namensregisters und Literaturverzeichnisses festzustellen. Nach dem Motto "Ich bin nicht Ihrer Meinung, würde aber dafür kämpfen, daß Sie sie äußern dürfen" (Voltaire) bleibt dem Herausgeber zu wünschen, daß eine breitere Öffentlichkeit von seinem neuesten Buch Kenntnis nimmt, wobei Widerspruch nicht nur zu erwarten, sondern wohl ausdrücklich notwendig ist.

Rolf-Josef Eibicht (Hrsg.): Unterdrückung und Verfolgung deutscher Patrioten. Gesinnungsdiktatur in Deutschland, Hutten-Verlag, Viöl / Nordfriesland 1997, 660 Seiten, kt., 54 Mark.


 
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