© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    24/97  05. Juni 1997

 
 
Nordelbische Kirche: Bischöfin ist für Ex-Minister Apel nicht zu sprechen
"Das ist denen schietegal"
von Carl Waldbott

Es gibt Geschichten, die kann man nicht erfinden. Sie stellen den Zeitgeist in ein so typisches Licht, daß man sie nicht weiter kommentieren muß. Eine solche Geschichte ist jüngst dem früheren SPD-Finanz- und Verteidigungsminister Hans Apel passiert. Apel, inzwischen Wirtschaftsprofessor an der Universität Rostock, leidet an zwei Institutionen, in denen er aufgewachsen ist. Die eine, so verriet jüngst die evangelische Nachrichtenagentur idea, sei die Evangelisch-Lutherische Kirche in Hamburg, die andere seine Partei, die SPD, die er lange Jahre im Bundestag vertreten hat. Oft ist er, gerade als Verteidigungsminister in der Regierung Helmut Schmidt, von seinen eigenen Genossen aber auch den Mitgliedern seiner Kirche angegriffen worden.

Apel, bekenntnistreuer Lutheraner, hat mit seiner Landeskirche, die seit Jahren Schlagzeilen in Sachen Minderheitenpolitik und Fernstenliebe macht, so seine Schwierigkeiten. Deshalb hat er sich vor einiger Zeit zur Johanneskirche des bekenntnistreuen Pastors Ulrich Rüß, Vorsitzender der Kirchlichen sammlung um Bibel und Bekenntnis in Nordelbien, nach Hamburg-Eppendorf "umgemeinden" lassen. Nun wollte Apel vor einigen Monaten wissen, was im Sprengel Hamburg eigent lich "Sache" sei. Er rief also in der Kanzlei seiner Bischöfin, Frau Jepsen, an. Dort meldete sich aber nur eine Mitarbeiterin, mit der sich folgender Dialog entspann, den Hans Apel der idea mitteilte:
Apel: "Hier ist Hans Apel. Ich möchte bitte meine Bischöfin sprechen."
Die Mitarbeiterin: "Die Bischöfin ist nicht zu sprechen."
Apel: "Wenn ich die Bischöfin nicht sprechen kann, dann trete ich aus."
Die Mitarbeiterin: "Wissen Sie, wie man das macht? Darf ich Ihnen dabei behilflich sein? Also: Sie gehen zum Bezirksamt und holen sich dort die Formulare ab…" und so weiter und so fort.
Dazu Apel später: "Mann, die sind so bescheuert wie die SPD! Neulich meldete sich der Schatzmeister unseres Ortsverbandes bei mir und wollte wissen, wo denn die Beiträge meiner Frau blieben. Ich antwortete: ’Die Ingrid ist längst aus der Partei ausgetreten’. Darauf der Funktionär: ’Ach dann ist’s ja gut. Dann kann ich sie ja aus meiner Liste streichen.’" Apels Kommentar: "Wir leben in einer Zeit, in der es den Parteien wie Kirchen schietegal ist, ob wir noch dazugehören oder nicht."

Was aber bei einer Partei noch hinzunehmen ist, ist bei der Kirche keinesfalls hinnehmbar, denn, so idea-Mitarbeiter Uwe Siemon-Netto, in der Kirche gebe es immer noch den Missionsauftrag: "Gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker: Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes" (Matth. 28,19).

Siemon-Netto: "Meine Lutherbibel enthält zu diesem Vers keine Fußnote des Inhalts: ’Ihr könnt aber auch hingehen und die Jünger den bürokratischen Weg zum Absprung lehren’; da steht nicht: ’Synodalpräsidentinnen sind aufgerufen, Bekenntnistreuen den Austritt nahezulegen’".
Der Referent der Hamburger Bischofskanzlei, Pastor Andreas-Christian Tübler, gab sich bezüglich der Vorgänge um Apel allerdings ahnungslos: Keinem Mitarbeiter und keiner Mitarbeiterin sei dieser Vorfall bekannt. Es könne sich auch keiner der Anwesenden an einen Anruf Apels erinnern. Im übrigen könne man sich das gar nicht vorstellen, denn der erwähnte Sprachstil sei in der Hamburger Bischofskanzlei nicht üblich.
Doch Hans Apel hat mit seiner notorisch von Finanznöten geplagten Landeskirche nicht gebrochen: "Noch bin ich nicht ausgetreten, ich habe die Hoffnung noch nicht ganz aufgegeben, aber wenn ich es tun sollte, dann gebe ich meine Kirchensteuer meinem Pastor und nicht der Nordelbischen Kirche."


 
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