© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    24/97  05. Juni 1997

 
 
Ende der Fahnenstange
Kommentar
von Dieter Stein

Um Deutschland herum brechen die bürglichen Regierungen zusammen, werden die führenden europäischen Staaten von Links-Regierungen übernommen. Was dies bedeutet? Eine weitere Aufblähung der Staatsaufgaben. Sozialisten wollen schließlich partout ständig Kuchen verteilen, der von anderen gebacken wurde. Aus dem Staat, der eine Schutz- und Kontrollfunktion haben soll, wird ein anonymer Wegelagerer und strahlender Weihnachtsmann. Der Staat als anonymer Wegelagerer beutet die Bürger über immer höhere Abgaben und Steuern aus, der Staat als Weihnachtsmann verschenkt aus einer scheinbar nie leer werdenden Wundertüte Subventionen, Fördermittel und Sozialleistungen, die lässig mißbraucht werden können. Soweit sind wir in Deutschland auch schon ohne Regierungswechsel.

Der Maastricht-Euro-Staat nun bedeutet einen Wasserschock für den keuchend stotternden Konjunkturmotor der europäischen Nationen. Die Brüsseler Mammut-Bürokratie, die sich derzeit für drei Milliarden Mark in Straßburg und Brüssel zwei neue Parlamentssitze hinter silbern glänzenden Fassaden gönnt (ein Drittel zahlen die Deutschen), saugt staubsaugerartig den sauer erarbeiteten Rahm der Volkswirtschaften ab und läßt ihn in einem – derzeitigen, nach oben offenen – 150-Milliarden-Haushalt versickern.

Bonn, als Hauptfinanzier des Euro-Abenteuers, ist am Ende der Fahnenstange angelangt. Als ob die Wiedervereinigung, das Zusammenwachsen der Deutschen und der Aufbau Ost nicht als Herausforderung genügten, halste uns der Supereuropäer Kohl das Euro-Roulette auf. Der Euro soll ein Lottoschein sein, bei dem merkwürdigerweise alle gewinnen. Wer’s glaubt, wird selig. Nun muß Bonn die Sozialhilfe für Asylbewerber und Bürgerkriegsflüchtlinge kürzen. Die Lobby-Organisation "Pro Asyl" wettert, es sei eine "schlimme Entgleisung", daß die betreffenden Ausländer 20 Prozent weniger Sozialhilfe bekämen als vergleichbare Deutsche. Sie müßten nun an der Grenze des "blanken physischen Existenzminimums" leben, so "Pro Asyl". Gut zu wissen, daß in Deutschland das Existenzminimum eben sehr wohl für einen aus einer Bürgerkriegszone kommenden Ausländer eine ordentliche Versorgung bedeutet, während ein deutscher Sozialhilfeempfänger innerhalb seiner Solidargemeinschaft und unter gewohntem Lebensstandard auf Hilfe angewiesen ist.

Unsozial sind die immer weniger überschaubaren Transferzahlungen, Aufbauleistungen, Umschuldungen und Fördermittel, die aus Deutschland ins Ausland fließen. Mal sehen, wie lange der brave Michel das noch mitmacht.


 
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