© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    24/97  05. Juni 1997

 
 
Maastricht: Repulikaner starten bundesweite Anti-Euro-Kampagne
Geld spielt keine Rolle
von Thorsten Thaler

Mit einer bundesweiten Anti-Maastricht-Kampagne wollen die Republikaner in den kommenden Monaten gegen den Euro als europäische Einheitswährung Front machen und für den Erhalt der D-Mark werben. Wie die junge freiheit auf Anfrage erfuhr, erwägen die Republikaner auch eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht, um die Euro-Währung zu stoppen.

Mit den Vorbereitungen für die Anti-Maastricht-Kampagne sowie der späteren Auswertung hat der Bundesvorstand den stellvertretenden Parteivorsitzenden in Niedersachsen, Gerhard Tempel, und die nordrhein-westfälische Landeschefin Uschi Winkelsett betraut. Der Schwerpunkt der Werbeaktion wird nach Auskunft von Tempel in den mitgliederstarken Landesverbänden Bayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Hessen sowie während der Wahlkämpfe für die Hamburger Bürgerschaftswahl im September dieses Jahres und der niedersächsischen Landtagswahl im März 1998 liegen.

Für ihre Kampagnenfähigkeit hat die Partei keine Kosten und Mühen gescheut. So wollen die Republikaner eine "sechsstellige Summe" lockermachen; über den genauen Betrag schweigt sich Parteichef Rolf Schlierer (42) allerdings aus. "Nicht kleckern sondern klotzen", heißt aber wohl die Devise beim Einsatz von Werbematerialien. Etwa 2,2 Millionen Faltprospekte ("Bald haben Sie keine Mark mehr!"), rund 1,5 MillionenFlugblätter ("Euro: Leiden für Maastricht") und ebenfalls 1,5 Millionen Faltpostkarten wollen die Republikaner in den kommenden Monaten an Informationsständen und bei Verteilaktionen unters Volk bringen.
Zu den Hauptargumenten gegen die europäische Einheitswährung rechnet Parteichef Schlierer die mit der Einführung verbundenen finanziellen Lasten für den deutschen Steuerzahler sowie die weitere Vernichtung von Arbeitsplätzen in Deutschland. "Während unserem Volk jeden Tag neue Sparopfer abverlangt werden, zahlen wir inzwischen mehr an die EU als Frankreich und Großbritannien zusammen", heißt es in dem Flugblatt. So habe die Bundesrepublik 1985 18,4 Milliarden Mark an die EU gezahlt und immerhin 10,1 Milliarden erhalten. Im vergangenen Jahr seien bereits 41 Milliarden Mark nach Brüssel überwiesen worden und nur 15,1 Milliarden zurückgeflossen. Schlierer: "Wir wollen nicht länger Zahlmeister der Europäischen Union sein."
Über die Anfeindungen, denen die Rechtspartei von seiten der Euro-Befürworter ausgesetzt sein wird, gibt sich ihr Bundesvorsitzender keinen Illusionen hin. Wer nicht bedingungslos für das Maastricht-Europa sei, werde einer "Europafeindlichkeit" und der "Anti-Europa-Hetze" bezichtigt. Eine sachliche Diskussion über Europa sei kaum mehr möglich. Maastricht sei inzwischen zu einer Glaubensfrage geworden, über die nicht mehr diskutiert werden könne. "Andersdenkende werden flugs zu Ketzern erklärt."

Mit der Einführung des Euro, so fürchten die Republikaner, seien andauernde Verteilungskonflikte um Arbeitsplätze, Geld und unterschiedliche Stabilitätsvorstellungen zwischen den europäischen Völkern programmiert. Das Ergebnis werde nicht ein engeres Zusammenrücken der europäischen Nationen sein, sondern im Gegenteil eine zunehmende "Entfremdung". Der sich abzeichnende Dauerstreit um die gemeinsame Währung werde zu einer "Desintegration" der Völker Europas führen und alles gefährden, "was bis heute schon erreicht ist". "Deshalb wird man nicht zum schlechten Europäer, wenn man den Euro ablehnt", weisen die Republikaner in ihrem Faltprospekt vorsorglich alle Anwürfe zurück.

Bestätigt sehen sich die Republikaner in ihrer Forderung nach einer Volksabstimmung über die Einführung des Euro. Einer Anfang dieses Jahres veröffentlichten Forsa-Umfrage zufolge sind 73 Prozent aller Deutschen für ein Referendum über die zum 1. Januar 1999 geplante Einheitswährung. Wenn sich die Bundesregierung dem Willen der Mehrheit der Bevölkerung verweigere, verlasse sie den "Rahmen der Legitimität", erklärte Schlierer.

Den "gebetsmühlenartig" wiederholten Euro-Optimismus des Bundeskanzlers bezeichnete der Bundesvorsitzende als "Dokument einer seltsamen Realitätsferne". Kohl sei offenkundig sow eit von der sich zuspitzenden wirtschaftlichen Situation im Land angehoben, daß ihn Fakten, die gegen seine "Wunschträume" von einer termingerechten Einführung des Euro sprächen, einfach nicht mehr interessierten.

"Anstatt die Menschen mit einem Millionen-Aufwand mittels sogenannter Informationskampagnen zu missionieren und hinters Licht zu führen, sollte die Bundesregeirung vielmehr die gesetzlichen bzw. verfassungsmäßigen Voraussetzungen dafür schaffen, daß noch in diesem Jahr eine Volksabstimmung stattfinden kann", sagte Schlierer. Wenn die Verfassung bei Diätenregelungen über Nacht geändert werden könne, dann müsse die bei einer "schicksalsträchtigen Frage wie der Preisgabe der D-Mark erst recht möglich sein.

In Niedersachsen geht unterdessen eine Initiative des Mathematik-Lehrers und Oberstudienrats Peter Lauer zur Einleitung eines Volksbegehren gegen den Euro weiter. Mittlerweile liegen dem von acht weiteren Einzelpersonen getragenen "Initiativkreis Volksbegehren" nach Auskunft von Lauer rund 5.000 Unterstützerunterschriften vor, die allerdings von den Gemeinden und dem Landeswahlleiter noch beglaubigt werden müssen. Für den erfolgreichen Verlauf der Volksinitiative werden bis zum Stichtag am 10. Oktober dieses Jahres insgesamt 25.000 gültige Unterschriften benötigt.


 
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