© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    25/97  13. Juni 1997

 
 
Währungsunion: Die Wurzeln des neuen Kollektivismus
Euro-Kommunismus
Meinungsbeitrag
von Josef Schüsslburner

In dieser schnellebigen Welt hat man wohl bereits jene dunklen Zeiten vergessen, in denen als Ziel der Geschichte der „Eurokommunismus" erfunden wurde. Was im Rahmen der russischen Geschichte als Folge der „asiatischen Despotie" (Marx, Wittfogel, Dutschke) nicht hätte entstehen können, das sollten nationale Wege des Sozialismus „in Europa" als neue Variante des „Sozialismus mit menschlichem Antlitz" gewährleisten. Irgendwie, glaubte man, ließen sich mit diesem Konzept westlich-europäisch genannte Freiheit mit „demokratischer" Totalverstaatlichung, das heißt mit dem „Eigentum des Volkes" an allem, verbinden. Damit wäre dann die große Synthese von Ost und West (und auch von Süd und Nord, um das nicht zu vergessen) verwirklicht und die Geschichte als Vorgeschichte des wahrhaft Menschlichen, der Menschenwürde überwunden. Mit dem immerhin die parteiideologische Ewigkeit von schon fast zehn Jahren zurückliegenden Zusammenbruch der „östlichen" These brach jedoch auch die gedankliche Synthese zusammen. Zumindest dies ist ja an der Dialektik logisch. Ihren Anhängern gelang es, die seinerzeitige Torheit vergessen zu lassen. Dieses Vergessen scheint sich nunmehr zu rächen; denn bekanntlich ist nichts überwunden, was nicht richtig und immerfort bewältigt wird. Allerdings hat die mangelnde Bewältigung des (euro-)kommunistischen Blödsinns zu einer bemerkenswerten Metamorphose dieses Phänomens geführt. Dieser „Kommunismus", in Deutschland nunmehr vor allem von der Christdemokratie vertreten, aber zunehmend von Sympathisanten des damaligen „Eurokommunismus" unterstützt, scheint nun handgreifliche Formen durch den europäischen Währungskollektivismus, welcher bekanntlich als „Euro" denominiert werden soll, anzunehmen. Auch wenn bei den Eurokommunisten des Erbfreundes Frankreich noch Zögern festzustellen ist, da „Euro" noch mit staatlicher Sparpolitik einherzugehen und damit noch nicht die Sozialpolitik von jedermann für jeden in Europa verbunden zu sein scheint, ist die Kontinuität mit dem damaligen Eurokommunismus doch gegeben. Mit dem Euro wird vieles gemeinsam, was – zumindest auf der nationalen Ebene – auf Kollektivismus hinausläuft, wo von den Freiheitsrechten wahrscheinlich nicht mehr viel übrig bleibt. Wie beim seinerzeitigen Eurokommunismus ist dies beim Euro-Kommunismus völlig anders, da verwandelt sich dialektisch freiheitsbedrohender Kollektivismus in vollendete Freiheit, wie sie der Kommunismus schon immer versprochen hatte. Gemeinsam werden zunächst die Staatsschulden, wie ja auch umgekehrt die Guthaben der Zentralbanken „vergemeinschaftet" werden, wie dies im christdemokratischen Sozialistisch heißt. In Fort Knox, wo zum Zwecke der „Einbindung" immer noch der größte Teil des deutschen Währungsgoldes lagert, wird tatsächlich jemand die Goldbarren auf den Karren laden, um sie von der Stelle mit der Aufschrift „Bundesrepublik Deutschland", die währungsrechtlich zu bestehen aufhört, an die Stelle mit der kollektivistischen Aufschrift „Europäische Gemeinschaft" zu transportieren, ohne daß dem irgendwelche Rücktransporte entsprechen würden, wie man dies bei geschäftlich vernünftigen Transaktionen erwarten müßte.

Da, wie uns der saarländische Währungsexperte Lafontaine lehrt, das Projekt „Euro" nicht funktionieren könne, wenn die Mitglieder des Clubs Wettbewerb in der Steuergesetzgebung betreiben und sich dabei durch niedrige Steuerbelastung Konkurrenz um den besseren Standort machen, werden als nächstes die Steuersätze gemeinsam festgelegt – sicherlich nicht, um sie gemeinschaftlich niedrig zu halten, sondern sie zum Zwecke der euro-gemeinschaftlichen Volksbeglückung möglichst in die Höhe zu treiben. Diese Steigerung ist schon deshalb notwendig, weil anders die Zentralisierungskosten der euro-kollektivistischen Staatsverwaltung nicht mehr bezahlt werden können. Diese Zentralisierung ist jedoch unmittelbar durch die Gemeinsamkeit der Währung bedingt, weil bei selbständiger Haushaltsführung der Mitgliedstaaten des Euro-Projektes, sozialpolitisch orientierte Staaten, wie zum Beispiel das von den klassischen Eurokommunisten mitregierte Frankreich, auf Kosten der anderen ein völlig unsolides Haushaltsgebaren an den Tag legen könnten, würden sie nicht unter gemeinschaftlicher Kontrolle gehalten.
Natürlich werden nach einiger Zeit, „die Menschen" wie es so euro- emphatisch heißt, gegen die hohen Fronquoten und die Entmachtung ihrer Parlamente protestieren. Doch da hat man zumindest in der Bundesrepublik schon vorgesorgt: Wer für die Wiederherstellung des europäischen Währungswettbewerbs eintreten wird, handelt dann wider die Völkerverständigung, begeht „Volksverhetzung", weil er den Franzosen die Schuld am Euro-Bankrott (das Wort „Staatsbankrott" paßt dann nicht mehr) gibt.

Gründlich wie sie nun einmal sind, sorgen die deutschen Euro-payer rechtzeitig vor: Einwanderer werden als „geborene Europäer" rechtzeitig die Deutschen ersetzt haben, womit sich die politische Klasse ihr Volk ausgewählt hätte. Damit hätte sich dann das Ziel des Eurokommunismus verwirklicht.


 
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