© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    25/97  13. Juni 1997

 
 
In eigener Sache: Keine Angst vor Medienjustiz in der Briefbombenaffäre
Motto: Nur nicht anstreifen?
JF

Da wird also nunmehr einer durch die Gazetten geprügelt, der das eine oder andere Mal auch für die Österreich-Ausgabe der JUNGEN FREIHEIT als Gastautor mit Kommentaren, Glossen und Meinungsbeiträgen gearbeitet hat. Einerseits heißt es, er habe verdächtigen Kontakt mit dem „Ingenieur", dem mutmaßlichen Bajuwaren-Briefautor, gehabt, ja sei gar selbst Mitautor des einen oder anderen dieser Schreiben. Auf der anderen Seite heißt es, er habe für den KGB, den Geheimdienst der verblichenen Sowjetunion, gearbeitet.

Beide Vorwürfe beinhalten unserer, gewiß laienhaften juristischen Beurteilung nach, schwere strafrechtlich zu ahndende Delikte: Bei den BBA-Bekennerschreiben handelt es sich angeblich zumindest um „Irreführung der Behörden", wenn es keine Verbindung zu den Attentaten selbst gibt. Und bei der Arbeit für einen fremden Nachrichtendienst auf jeden Fall um „Landesverrat" etc. pp.
Das Kuriose dabei ist allerdings, daß eben derselbe solcherart an den Pranger Gestellte nach wie vor aktiver, hochrangiger Beamter im Bundeskanzleramt ist. Abgesehen davon gibt es nach Medienberichten gegen ihn keinerlei gerichtliche Vorerhebungen, keinerlei Anklageerhebung. Laut Behördenauskunft sei er vielmehr mehrfach „abgecheckt" worden, er stehe auch weiterhin unter Beobachtung, für alle Fälle. Aber es liege nichts Reales gegen ihn vor. Eine Zeitung, selbst ein kleines Blatt wie die JUNGE FREIHEIT, das aufgrund seiner exponierten Haltungen aber zweifelsohne unter entsprechender Beobachtung ist, wird naturgemäß immer wieder mit allen möglichen Gerüchten, solchen mit realem Hintergrund aber auch mit bloßen Unterstellungen konfrontiert. Natürlich ist das Gerücht von der KGB-Mitarbeiterschaft des Gastautors schon vor geraumer Zeit, allerdings auch ohne jegliches reales Substrat an die Redaktion herangetragen worden. Und die mehr oder weniger deutlichen Unterstellungen in der Causa prima, der Briefbombenaffäre also, Dreck am Stecken zu haben, konnte man ja während des vergangenen Jahres in einer heimischen, wöchentlich erscheinenden bunten Illustrierten lesen. Was hätte man also als Verantwortlicher für ein Blatt, das ohnedies ständig unter dem Damoklesschwert der Faschismuskeule leben muß, tun sollen? „Nur net anstreifen" wäre die österreichische Lösung gewesen. Mittuscheln, mitintrigieren und mitdiffamieren und sich selbstverständlich die Hände in Unschuld waschen.

Bereits vor Monaten aber haben wir uns entschlossen, nicht alle österreichischen Untugenden mitzumachen und offensiv dem Betroffenen Gelegenheit zu geben, sich in einem ganzseitigen Interview selbst zur Causa zu äußern. Damals wies er alle Beschuldigungen zurück, erzählte dem JF-Redakteur, daß es ein Gutachten des deutschen Bundeskriminalamtes (BKA) gebe, welches beweise, daß er nichts mit der Sache Briefbomben zu tun habe und stellte im übrigen in den Raum, die Urheberschaft für diesen angeblichen rechtsextremen Terror sei ganz wo anders, nämlich links-außen bei den Großmeistern des heimischen Pflichtantifaschismus zu suchen.
Und danach schrieb er weiter immer wieder als Gastautor Beiträge für die JF-Österreich. Dies deshalb, da nach klassischem europäischen Rechtsverständnis für jedermann primär die Unschuldsvermutung zu gelten hat, solange ihm nichts Gegenteiliges nachgewiesen ist. Dies auch deshalb, weil einem konservativen Richtungsblatt wie der JUNGEN FREIHEIT, welches mit seinen Gastkommentatoren kontroverse Diskussion zu entfachen sucht, keine größere Distanz zu Persönlichkeiten zuzumuten ist, wie im betreffenden Falle dem Bundeskanzleramt, dem Arbeitgeber. Wollte man der JUNGEN FREIHEIT einen Vorwurf aus der Tatsache machen, daß der vielfach Gescholtene in ihr als Autor aufschien und aufscheint, so müßte man auch Kanzler Klima vorwerfen, daß er ihn weiter als hohen Beamten seines Hauses am Ballhausplatz beschäftigt.
So gilt für uns: Ministerialrat Günter Rehak, ehemaliger Sekretär Bruno Kreiskys, ehemaliger Vorsitzender des VSStÖ, der sozialistischen Studentenvereinigung, jahrzehntelang Mitglied der SPÖ und nach wie vor hoher Beamter dieser Republik, kann wie jeder andere interessante Diskussionspartner in der JUNGEN FREIHEIT seine Meinung so lange äußern, solange seine Schuld in diesen Fragen nicht erwiesen oder er zumindest nicht unter Anklage gestellt wurde.
Gerüchte und Diffamierung sollten nicht ausreichen, um einen Mißliebigen mundtot zu machen. Wenn es gravierende Verdachtsmomente auf strafrechtliche Tatbestände geben sollte, müssen Exekutive und Gerichte aktiv werden. Wenn nicht, so haben sie diesen Mann doch in seinen Bürgerrechten und seiner Ehre gefälligst zu schützen.


 
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