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Bürgerschaftswahlen: Kleine Parteien bereiten
Ausscheidungsrennen Schlacht um Hamburg von Richard StoltzWährend Wahlforscher und Umfrageinstitute,
Politikwissenschaftler und Soziologieprofessoren landauf, landab mit dem Schlagwort
"Politikverdrossenheit" hausieren gehen, ist davon knapp zwei Monate vor der
Bürgerschaftswahl in Hamburg am 21. September nichts zu spüren. Nach Auskunft des
Landeswahlleiters haben sich bislang 35 Parteien, Wählervereinigungen und Einzelbewerber
gemeldet, die sich um die 121 Hamburger Parlamentssitze bewerben wollen.
Neben CDU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen und der STATT Partei, die seit der Wahl vor vier
Jahren in der Bürgerschaft vertreten sind, haben auch Dutzende von
außerparlamentarischen Parteien ihre "Beteiligungsanzeige" beim
Landeswahlleiter eingereicht. Voraussetzung für die Teilnahme an der Wahl sind 500
Unterstützerunterschriften, die bis zum 18. August vorliegen müssen. Über die
endgültige Zulassung entscheidet der Landeswahlausschuß dann am 22. August. Bei der
Bürgerschaftswahl 1993 kandidierten nach einem ähnlich zahlreichen Aufgebot 19 Parteien,
Wählervereinigungen und Einzelbewerber.
Daß es in diesem Jahr mit Sicherheit mehr werden, liegt nicht zuletzt an der Konkurrenz
im konservativen bzw. rechten Spektrum des politischen Koordinatensystems. Zu den
Republikanern, die vor vier Jahren mit 4,8 Prozent nur knapp den Einzug in die
Bürgerschaft verpaßten, tritt nun der nationalliberale Bund Freier Bürger (BFB) des
Maastricht-Klägers Manfred Brunner.
Alle Formationen bekräftigen Eigenständigkeit: "Es gibt weder Gespräche noch
Vereinbarungen", schließt Gerhard Tempel, stellvertretender Wahlkampfleiter der
Republikaner, kategorisch jedweden Verdacht einer Annäherung aus. "Wir wollen nicht
das Sammelbecken für alle Nationalen sein", sagt auch Kristof Berking, designierter
Spitzenkandidat des BFB. Allenfalls hinter vorgehaltener Hand räumen Parteifunktionäre
ein, daß sie die Konkurrenz durchaus fürchten. Trotzdem taucht in offiziellen
Verlautbarungen häufig die Redewendung von "verschiedenen Zielgruppen" und
einem "anderen Wählerpotential" auf. Denn in einen Topf wollen sich die
Betreffenden keinesfalls stecken lassen. Manfred Brunner sieht langfristig die Chance für
zwei Parteien, die niedergehende CDU zu beerben: eine national-etatistische und eine
national-freiheitliche Partei.
Der Stadtstaat Hamburg mit seinen rund 1,3 Millionen Wahlberechtigten gilt vielen kleinen
Parteien als ideales Pflaster für ein Aufwärmtraining zur Bundestagswahl im Herbst 1998.
In Hamburg haben die Wähler die Gelegenheit, aus einem bunten Strauß von Kleinparteien
ihre Alternative zu den Etablierten zu wählen.
Daneben rüstet die gesamte gemäßigte bis radikale Rechte: Zu der Deutschen Volksunion
(DVU), die zuletzt 2,8 Prozent erzielte, gesellen sich heuer die NPD und die Hamburger
Liste für Ausländerstopp (HLA) sowie die "Deutschen Konservativen" und die
"Deutsche Partei" (DP).
Denn es gilt der alte Satz: "Es gibt immer ein erstes Mal", und wenn es
lediglich darum geht, das Kreuz an einer anderen Stelle zu machen. Daß eine größere
Zahl Wähler daran denkt, hat sich bis zur regierenden SPD herumgesprochen: Mit rechten
Themen versuchen Voscherau und sein Wahlhelfer Schröder empörte Wähler
zurückzugewinnen und sie nicht den rechten Parteien zu überlassen.
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