© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    33/97  08. August 1997

 
 
Frauengleichberechtigung: Nur ein Schlagwort
Scheindebatte
Kommentar
von Ernst Fröhlich

Die Frauen unseres Landes begehren derzeit massiv gegen das Patriarchat – wie sie es nennen – auf. Dabei geht es ihnen – wie sie sagen – um Gleichberechtigung in allen Bereichen, in erster Linie auf dem Arbeitsmarkt, aber auch beim Bundesheer, solange sich hier eine "Karrierechance" bietet. Kaum treten aber die ersten mitzuübernehmenden Pflichten auf den Plan, schon kommt das ganze Gleichberechtigungsgebäude ins wanken, wie die Diskussion um eine Angleichung des Frauenpensionsalters an das der Männer beweist. Da fühlen sich die Damen auf einmal benachteiligt und berufen sich auf die österreichische Verfassung, in der festgelegt ist, daß dieser Schritt frühestens im Jahr 2019 gesetzt werden dürfe.

Von der Frage, wie flexibel eine Regierung ist, die Gesetze bis zu einem Vierteljahrhundert vorausplant und in der Verfassung festlegt, einmal abgesehen, gibt es von den Frauenvertreterinnen kein vernünftiges Argument, warum eine frühere Pensionsangleichung nicht stattfinden dürfe. Zwar wettert Frauenministerin Prammer: "Vor 2019 darf es auf keinen Fall zu einer Angleichung kommen", und ÖAAB-Chefin Brinek setzt nach: "Alles Andere wäre ein Betrug und ein Vertrauensbruch gegenüber den Frauen". Keine der Damen gibt aber eine Begründung für ihre Reaktionen. Nicht genug damit, will Justizminister Michalek das Projekt "Halbe/halbe" weiterführen, da er "einen gewissen Handlungsbedarf" in dieser Richtung ortet. Ginge es nach ihm, so solle jede verheiratete Frau für sich allein bestimmen können, ob sie wieder arbeiten gehen will, wenn ihre Kinder alt genug sind.

Damit soll der Mann bei künftigen Scheidungen nicht mehr vorbringen können, seine Frau habe wegen ihrer Arbeit den Haushalt vernachlässigt. Zu deutsch: Die Ehe als Gemeinschaft wird nicht nur um ein weiteres Stück der Demontage preisgegeben, der Mann soll auch in künftigen Scheidungen nach Möglichkeit den Mund halten, wenn er bezahlen darf (bzw. muß).

Das sind aber nur Einzelgefechte im oft genannten Geschlechterkampf. Zur Generaloffensive wurde hingegen am 10. Juli, im Zuge der internationalen Frauenkonferenz "Vital Voices" in Wien geblasen. Als Swanee Hunt, die US-Botschafterin in Österreich, in ihrer Eröffnungsrede auf die 700.000 Dollar zu sprechen kam, die diese Konferenz gekostet hatte, teilte sie der Öffentlichkeit mit: "Aber das ist es wert, denn wir werden die Geschichte erschüttern." Ganz im Gegensatz zu diesen kriegerischen Tönen äußerte sich die UNO-Menschenrechts-Berichterstatterin in Ex-Jugoslawien, die Finnin Elisabeth Rehn, im geschichtlichen Konjunktiv: "Hätten Frauen entschieden, hätte es in Bosnien keinen Krieg gegeben."

Ein völlig anderes Bild zeigt sich dem aufmerksamen Beobachter allerdings, wenn er die Aggressivität betrachtet, mit der Frauen an die Gleichberechtigungdiskussion herangehen. Als am 27. Juni die Zweite Europäische Ökumenische Versammlung in Graz stattfand, versperrten 300 weibliche Demonstranten den Weg zum Plenarsaal und ließen für die Dauer der Blockade nicht einmal Sanitäter des Roten Kreuzes passieren. Um es in Anlehnung an Frau Rehn zu sagen: Hätten Männer demonstriert, wär’ das sicher nicht passiert.

Wie inzwischen schon üblich, geht die ganze Diskussion am eigentlichen Problem vorbei, denn "Gleichberechtigung kann nicht bedeuten, daß Frauen all das nachäffen, was die Männerwelt ausmacht und dabei auch noch besser sein wollen. "Gleichberechtigung" kann nur heißen, daß jeder in seinem Bereich sein Bestes gibt, und daß der eine die Leistungen des anderen voll anerkennt.

Wenn man den Frauen den Irrglauben nimmt, Hausarbeit sei etwas Verwerfliches und ihnen stattdessen vor Augen führt, welch unschätzbaren Beitrag sie der Gesellschaft leisten, wenn sie Kinder erziehen und den Haushalt in Ordnung halten, dann werden "Kochen und Putzen" wieder Tätigkeiten, die von essentieller Wichtigkeit sind. Wenn die Rolle der Frau am heimischen Herd nicht nur ernstgenommen, sondern auch öffentlich und mit Nachdruck als etwas Unverzichtbares anerkannt wird, werden viele Frauen ihren Weg zurück in den Haushalt finden.

Dadurch werden Arbeitsplätze für Familienväter frei, und das Ungleichgewicht zwischen kinderlosen Ehen, in denen beide Partner verdienen und hungernden Familien, in denen kein Elternteil mehr Arbeit findet, hebt sich wieder auf. Selbstverständlich darf dabei auf flankierende Maßnahmen nicht vergessen werden.


 
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