© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    35/97  21. August 1997

 
 
Apocalypse now?
Kolumne
von Rüdiger Stix

Geht die Welt unter? "Sicherlich", wird jeder gebildete Mitteleuropäer einräumen. Spätestens in ein paar Milliarden Jahren, wenn sich die Sonne aufbläht… Bis dahin haben wir alle aber noch einen beruhigenden Zeitraum für eigenen Unfug. "Wird die Erde demnächst unbewohnbar?" Diese Frage wird in den nächsten drei Jahren bis zur Jahrtausendwende sicher öfter gestellt werden. Von religiösen Gruppen mit einer Endzeit-Erwartung genauso, wie von Aktivisten in der Tradition des (ersten) Berichtes an den "Club of Rome" mit Dennis Meadows "Grenzen des Wachstums". Da wird uns nun ein baldiges Ende durch "Klimakollaps", "Globalisierung" oder Ähnliches angedroht.

Nun haben jedoch gerade die Warnungen vor den "Grenzen des Wachs-tums" im Bericht an den "Club of Rome" gezeigt, daß die von den Autoren verwendeten Annahmen derart falsch waren, daß nicht einmal das Gegenteil wahr ist. Etwas vereinfacht ausgedrückt wurde übersehen, daß sich Schlüsseltechnologien ablösen: Nach dem Segelschiff kommt Dampf, dann Diesel, usw. Oder: Nach der Pferdetramway kam die Elektrische, auf das Auto folgten asphaltierte Straßen und Autobahnen, dem Flugzeug folgte der Massen-Charter in den Urlaub, und selbst die Weltraumfahrt ist heuer exakt 40 Jahre alt.

Dieser kurze Rückblick zeigt schon, daß von Europa bis Japan, von Amerika bis Singapur, jedes Jahr weniger Energie für ein und dasselbe Produkt aufgewendet wird. Oder kann sich jemand Luftfahrt auf der Basis von Gußeisentechnologie vorstellen?! Dementsprechend geht etwa der CO2-Ausstoß des gesamten Verkehrs zurück, obwohl der Verkehr selbst weltweit zugenommen hat.

All dies ist bekannt, und wird von NZZ über FAZ bis Bild der Wissenschaft seit Jahren debattiert. Nun hat jedoch Profil damit die österreichische "Greenpeace" in helle Aufregung gestürzt: Profil rechnet vor, daß die Annahmen von "Greenpeace" nicht stimmen können. Auf die wütende Gegenattacke von "Greenpeace", wonach Profil auf bezahlte Industrielobbyisten höre, konterte Profil recht kühl: Diese "Industrielobbyisten" seien exakt dieselben Wissenschafter, auf deren bisherigen Annahmen sich "Greenpeace" stets berufen hatte… Dies gibt jedoch keinen Grund zur Schadenfreude. Immerhin wurde die FP in ihrer Rolle als Pionier für die Solarenergie und in ihrer Skepsis gegenüber einer breiten Atomkraftnutzung auch stets verteufelt – zumindest bis Tschernobyl… Die Debatte innerhalb der Linken zeigt jedoch eines: Es zahlt sich aus, ruhig die Realitäten zu betrachten und zu beurteilen. Ohne sich von hysterischen Eiferern "ins Eck" drängen zu lassen!


 
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