© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    35/97  21. August 1997

 
 
Nationales Korrektiv
Kommentar
von Markus Roscher

Die Art und Weise, wie sich selbst die sogenannten Volksparteien immer mehr von den Interessen und Bedürfnissen ihres Volkes – und damit ist nach dem Grundgesetz das deutsche Volk gemeint – entfernen, führt in Deutschland zu einer allgemeinen Parteiüberdrüssigkeit. Das ist kein neuer Befund, doch Widerstand hat sich bislang kaum entwickelt. Lediglich die sinkende Wahlbeteiligung läßt erahnen, daß die Bürger in unserem Land den Parteien mit zunehmender Gleichgültigkeit gegenüberstehen. Da Sitze in Parlamenten aber nicht nach der Wahlbeteiligung, sondern nach Stimmenanteilen berechnet werden, ändert sich auch nichts an der Gleichgültigkeit der Parteien gegenüber den Bürgern. Es erscheint dem Establishment offenbar wünschenswert, daß sich das Volk ganz aus den Angelegenheiten, von denen es aus seiner Sicht nichts versteht, heraushält.

Egoismus und Selbstverwirklichung des Einzelnen werden gefördert, weil der Gemeinschaftssinn, der neuen globalen, multikulturellen Konsumentengesellschaft im Wege stehen. Die Werte scheinen sich zu verkehren. Genau diese Beobachtung ist schon öfter bei Kulturen zu sehen gewesen, die den Untergang provozierten, weil sie satt geworden waren an den Werten, durch die sie erst erfolgreich und dann überheblich wurden. Erst wenn weitere Teile unseres Volkes die Fehlentwicklungen in unserer Gesellschaft auch wirtschaftlich zu spüren bekommen und die Ablenkungsmechanismen des Hedonismus nicht mehr funktionieren, wird es zu einer Umkehr kommen.

Weil es uns aber im Augenblick noch zu gut geht, scheinen selbst die patriotischen Kräfte ihre mickrigen Einzelinteressen über das Interesse der Menschen in unserem Land an einer sie würdig vertretenden volksnahen Partei zu stellen. Wenn man sein Land aber nicht endgültig der kultur- und gemeinschaftsvernichtenden Maschinerie des Globalismus preisgeben möchte, bedarf es einer nationalen Partei in Deutschland, so wie es in anderen Ländern Europas auch selbstverständlich ist, daß dem überregionalen Gedanken das nationale Korrektiv gegenübersteht. Grundlage des nationalen Gedankens sind Herz und Verstand. Liebe zum eigenen Land und Achtung der berechtigten Interessen anderer. Hier liegt der kleinste gemeinsame Nenner Nationalliberaler, Konservativnationaler sowie der Schumacher-SPD. Wenn diese Kreise nicht eines Tages von der politischen Bühne hinweggefegt werden wollen, sollten sie schleunigst einen gemeinsamen Weg bestreiten.


 
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