© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    36/97  29. August 1997

 
 
Pressefreiheit: Warum der Kioskvertrieb entscheidend ist
Der Stachel im Fleisch

Meinungsbeitrag von Dieter Stein

Linksextreme Kräfte haben der Pressefreiheit den Krieg erklärt. Nichts mehr und nichts weniger als das für eine Demokratie entscheidende Recht auf eine freie Meinungsäußerung wird hier von den Gruppen bekämpft, die sich das Motto "Stoppt Nazizeitungen" (gemeint ist allein die JF) auf die Fahnen geschrieben haben.

Andere Medien schweigen zu diesen Vorgängen. Auch der Verfassungsschutz schweigt. Die JF kann aber auch nicht so tun, als ob nichts wäre – nach den Motto: "Wir wollen die Pferde nicht erst richtig scheu machen".

Der Boykott und der Terror gegen den Kioskvertrieb sorgen 1997 bis zum Jahresende für Verluste in Höhe von 300.000 DM. Das ist kein Pappenstil. Wir hatten gehofft, daß der Druck auf die Kioske nachläßt. Nach einer spürbaren Ruhepause Anfang des Jahres wurde von den verantwortlichen Kreisen der "Autonomen Antifa" in den vergangenen Wochen und Monaten zur allergrößten Kraftanstrengung aufgerufen. Der JF solle durch gezielte Aktionen gegen den freien Kiosk-Verkauf der "Todesstoß" versetzt werden.

Die Täter wissen sehr genau, weshalb sie am Kioskvertieb ansetzen. Erstens fügen sie der Wochenzeitung erheblichen wirtschaftlichen Schaden zu, der ihre Existenz bedroht. Sie treffen die JF aber auch an ihrer empfindlichsten Stelle: in der Öffentlichkeit. Viele sagen: Warum laßt Ihr den Kioskvertieb nicht bleiben, schließlich erscheinen auch andere Publikationen nicht am Kiosk. Richtig. Genauer aber: Es gibt überhaupt keine rechte oder nationalkonservative Zeitung und Zeitschrift, die in Deutschland am Kiosk erhältlich ist – außer der jungen freiheit. Abgesehen von den in freigewählter Isolation erscheinenden Radaublättern Nationalzeitung und Deutsche Wochenzeitung aus München ist also Essig mit einer konservativen, rechten Presse am Kiosk in Deutschland.

Was das heißt? Wenn also ein Deutscher nicht zufällig aus einer Familie und einem Bekanntenkreis stammt, in dem man bereits konservative Zeitungen liest, wenn man nicht zufällig einem intellektuellen Gesprächskreis, einer politischen oder kulturellen Vereinigung, in der man sich gegenseitig auf interessante Publikationen hinweist, angehört – wie soll man dann auf solche Publikationen stoßen – wenn nicht im Fachhandel?

Es gibt ein einfaches und vom Publikum richtig verstandenes Gesetz: Das, was man in einer Buchhandlung oder im Zeitschriftenhandel sieht, durchblättern und kaufen kann, ist diskutabel, wird diskutiert und mit dem muß man sich hin und wieder auseinandersetzen.

Liest man beispielsweise in einer Zeitung einen kritischen Bericht über die junge freiheit, so macht man sich auf die Socken. Man geht von Buchhandlung zu Kiosk und schaut, wo dieses Blatt zu kaufen ist. Wenn man nun nicht darauf stößt, wird man sich nie eine eigene Meinung bilden können.

Und was ist mit dem Reisenden, der in einer Bahnhofsbuchhandlung nach etwas Lesbarem stöbert? Wird er auf eine Zeitung treffen, die mal etwas anderes publiziert als das, was Großverlage karnickelhaft in allen Regenbogenfarben gebären?

Das öffentliche Erscheinen einer bedeutenden Zeitung hängt existentiell mit der offenen Präsenz am Kiosk zusammen. Eine Zeitung, die der Normalbürger nicht über den Kiosk zu Gesicht bekommt, ist nicht diskutabel, nicht vorzeigbar
im wahrsten Sinne des Wortes.

Die junge freiheit, ihre Macher und ihre Leser wollen darum kämpfen, daß geistige Freiheit in Gestalt dieser Zeitung nicht unter die Räder gerät. Es ist keine Lappalie, daß die junge freiheit unter diesen entwürdigenden Umständen verkauft wird. Angesichts einer übersättigten und uniformierten Gesellschaft ehrt und adelt uns der aufwendige und pompöse Kampf, der gegen unser kleines Wochenblatt betrieben wird. Es zeigt, daß die junge freiheit offensichtlich ein Stachel im Fleisch von denjenigen ist, die unter Demokratie eine Art "antifaschistisch"-totalitäre Befehlsausgabe verstehen.


 
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