© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    38/97  12. September 1997

 
 
Tierschutz: Lufthansa fliegt seltene Drill-Affen nach Afrika zurück
Fleisch für die Holzfäller
von Ulrich Karlowski

Lagos, Nigeria – Nach mehr als zwei Jahren kehrten Ende Juli zwei der vom Aussterben bedrohten Drill-Affen in ihre Heimat zurück. "Gemeinsam mit Lufthansa Cargo haben wir den schwierigen Transport über den halben Erdball von den Philippinen nach Nigeria organisiert und eine ungewöhnliche Tiertragödie beendet", erklärt Ulrich Schnapauff vom Internationalen Tierschutz-Fonds (IFAW) Deutschland. Die nach dem Washingtoner Artenschutzübereinkommen streng geschützten Drills, Verwandte der Paviane, wurden am 12. April 1995 auf dem Flughafen Manila zusammen mit einem Gorillababy, vier Meerkatzen, zwei Pattas und einem Pavian beschlagnahmt. Zwei Pakistanis hatten versucht, die zehn Affenbabys aus Nigeria für einen auf den Philippinen lebenden Landsmann über Karchi und Bangkok angeblich als Geschenk ins Land zu schmuggeln. Zu je fünft waren die Tiere in zwei enge Holzkisten gepreßt, und wurden so von Pakistan Airlines anstandslos als Handgepäck transportiert. Erst in Manila flog der dreiste Tierschmuggel auf, die Affen wurden konfisziert und in die Wildtier-station von Quezon City gebracht.Draht-zieher und Auftraggeber sind bis heute unbekannt, denn die philippinischen Behörden ließen die Schmuggler ungehindert in Richtung Pakistan ausreisen. Weniger ausreisefreundlich zeigten sich die Behörden allerdings bei den Primaten. Lange Zeit hatten Tierschützer vergeblich versucht, eine Rückführung der Affen nach Afrika zu erreichen, die zunehmend Schwierigkeiten mit dem für sie ungewohnten Klima bekamen. Als am 20. September 1996 der Gorilla "Gorio" an einer Pseudomonas-Infektion starb, war klar, daß die seltenen Drills schnellstmöglich zurückkehren müssen. Nach mehrmonatiger Vorbereitung, zahlreicher medizinischer Tests und Organisation der erforderlichen Dokumente für Ausreise, Einreise und Transit reisen die beiden in Begleitung eines philippinischen IFAW-Mitarbeiters, ins "Pandrillus-Drill Rehabilitations- und Aufzucht Center" in Nigeria.

Drills gehören zu den am stärksten von der Ausrottung bedrohten Affenarten Afrikas, was die aufwendige Repatriierung sinnvoll machte. Der im Gegensatz zu seinem grellbunt gefärbten Verwandten, dem Mandrill, schwarzweiße Regenwaldbewohner kommt nur noch in Nigeria, Kamerun und Äquatorial-Guinea vor, wobei der gesamte Lebensraum kleiner ist als die Schweiz. Ihr Gesamtbestand wird auf zwischen 1.000 und 10.000 Exemplare geschätzt, genaue Zählungen wurden bis heute nicht durchgeführt. Hauptursache des niedrigen Bestandes ist der sogenannte "Bushmeat"-Handel: Auf den Straßen der Abholzkonzerne stoßen Wilderer, ausgerüstet mit automatischen Waffen oder großkalibrigen Gewehren, tief in ehemals unberührte Regenwaldgebiete vor. Die Laster der Holzfirmen sorgen für eine schnelle Verbindung mit entfernt gelegenen Städten, die jetzt problemlos mit Wildfleisch versorgt werden können. Manche Holzfirmen versorgen die Wilderer auch gleich mit Munition und Gewehren, damit sie einen Teil der Jagdbeute in den Holzfäller-Camps abliefern, als Billig-Nahrung für die Arbeiter.

Geschossen wird alles, was größer als ein Kaninchen ist. Untersuchungen in einem Einschlagsgebiet in Gabun ergaben, daß dort täglich 250 Kilogramm "Bushmeat" mit einem Affenfleisch-Anteil von 41 Prozent von den Holzfällern verzehrt werden. Die Firma, die hier abholzt, ist in deutscher und französischer Hand, sie vertreibt Sperrholz mit dem "Grünen Label" Eurokoume, aus angeblich nachhaltiger Nutzung. Besonders beliebte Opfer der Wilderer sind Drill-Familien. Mit Jagdhunden werden die in die Bäume geflüchteten Affen eingekreist und wie auf einem Schießstand einer nach dem anderen heruntergeschossen. Der Blutzoll ist immens, bis zu 50 Tiere verlieren täglich auf diese Weise ihr Leben. Die beiden weitgereisten Drills aus Manila sollen jedoch nicht als Affenfleisch in Kochtöpfen landen. Nach dem Aufenthalt in der Pandrillus-Station ist ihre Auswilderung in ein sicheres Schutzgebiet geplant. "Wir freuen uns, daß wir diese Aktion unterstützen konnten", meint Dietrich Seidel, Pressesprecher von Lufthansa Cargo, die den Drill-Spezialtransport kostenfrei ermöglichte.


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen