© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    38/97  12. September 1997

 
 
EU-Zahlungen: Zweifelhafter Nutzen für Deutschland
Abfluß des Kapitals
von Thomas Laake

In schöner Regelmäßigkeit erscheint das Thema "Deutsche Zahlungen an die Europäische Union (EU)" auf der politischen Tagesordnung. Erst vor kurzem war es mal wieder soweit. Einträchtig forderten sowohl der Finanzminister als auch die Finanzexperten der SPD eine Reduzierung der deutschen Zahlungen an die Europäische Union. Dabei ist die politische Diskussion über die Reduzierung der deutschen Zahlungen an die EU heuchlerisch; das Problem ist der Politik seit langem bekannt. Doch außer viel Gerede ist bislang nichts passiert. Der einzige Unterschied zu früheren Zeiten besteht darin, daß die Benachteiligung Deutschlands bei der EU-Finanzierung nunmehr von der Politik nicht mehr geleugnet wird. Weil nun in der Diskussion über die deutschen Zahlungen an die EU allerlei Unwahrheiten, Halbwahrheiten und falsche Fakten auftauchen, tut Aufklärung Not. Dazu soll die nunmehr beginnende JF-Serie einen Beitrag leisten.Beschäftigt man sich mit den deutschen Transferleistungen an die EU, ist es unerläßlich, sich zunächst den Haushalt der EU genau zu betrachten. Der Gesamthaushalt der EU umfaßt die Einnahmen und Ausgaben der EU, der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) sowie die der Europäischen Atomgemeinschaft (EAG) mit Ausnahme derjenigen der Versorgungsagentur und der "Gemeinsamen Unternehmen". Auch die operativen und die Verwaltungsausgaben, die aus der Zusammenarbeit im Rahmen der EU in den Bereichen der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, Justiz und Inneres folgen, gehen zu Lasten des Gemeinschaftshaushaltes. Die sogenannten Eigenmittel bilden die Einnahmen der EU. Diese setzen sich zusammen aus: Agrarabschöpfungen, Zöllen, Mehrwertsteuer-Eigenmitteln (MWSt), Bruttosozialprodukt-Eigenmitteln (BSP) und sonstigen Einnahmen. Grob geschätzt lassen sich die Einnahmen gegenwärtig folgendermaßen unterteilen: MWSt-Eigenmittel rund 51 Prozent, BSP-Eigenmittel zirka 28 Prozent, orginäre Einnahmen rund 20 Prozent; der Rest von etwa ein Prozent entfällt auf verschiedene Einnahmen.

Der Gesamthaushalt der Union ist in den beiden letzten Jahrzehnten durch einen starken Anstieg seines Volumens gekennzeichnet. Im Zeitraum von 1973 bis 1981 war die jahresdurchschnittliche Wachstumsrate mit rund 23 Prozent extrem hoch. In der zweiten Hälfte der 80er Jahre waren die Zuwächse zwar nicht mehr so hoch, sind jedoch seit 1991 wieder sehr beträchtlich. In diesem Jahr hat der Haushalt der EU ein Volumen von rund 174 Milliarden DM.

Der Schwerpunkt der Ausgaben liegt nach wie vor bei den Agrarausgaben. Mit rund 39 Milliarden ECU machen die Marktordungsausgaben knapp 48 Prozent der Gemeinschaftsausgaben aus. Der Anteil der Marktordnungsausgaben soll nach der finanziellen Vorausschau der EU bis 1999 weiter gedrosselt werden. Die Marktordnungsausgaben kommen zuvorderst den nördlichen Agrarstaaten der EU (Frankreich, Belgien, Niederlande, Irland und Dänemark) zugute.

Den zweitgrößten Politikbereich stellt die Strukturpolitik der Union dar, deren Ziel es ist, den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt der Union zu stärken sowie den Abstand zwischen den verschiedenen Regionen und den Rückstand der am stärksten benachteiligten Gebiete zu verringern. In diesem Jahr werden etwa 32 Prozent für die Strukturpolitik aufgewendet. Ihr soll künftig eine weiter steigende Bedeutung zukommen. Von den Strukturfondsmitteln profitieren in erster Linie die wirtschaftsschwachen Mitgliedsstaaten, zum Beispiel Spanien und Portugal. Die übrigen 20 Prozent der Ausgaben verteilen sich zu etwa gleichen Teilen auf die Bereiche Inneres, Äußeres, Verwaltung und Reserven.

Wie sich der EU-Haushalt bis zum Jahr 1999 entwickeln wird und was dies für Deutschland bedeutet, betrachtet die junge freiheit im nächsten Beitrag, der in der kommenden Ausgabe folgt.


 
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