© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    38/97  12. September 1997

 
 
Funkausstellung: Weltneuhaiten aus der Wunderwelt der Technik
Träume per Knopfdruck
von Ronald Gläser

Die Internationale Funkausstellung, das Ereignis, das Berlin alle zwei Jahre zur Medienmetropole macht, war auch 1997 trotz einer geringeren Zahl von Besuchern für die gesamte Unterhaltungselektronikbranche ein Erfolg. Als technische Neuerungen präsentierten die Aussteller nicht nur die neuartige DVD (Digital Versatile Disc), die als multimedialer CD-Nachfolger geplant ist, sondern auch Verbindungsmöglichkeiten zwischen Computer und Fernseher sowie neue Entwicklungen im Bereich der Telekommunikation. Insbesondere die zukünftigen Konkurrenten der Deutschen Telekom präsentierten ihre Kommunikationsdienstleistungen, die bereits im kommenden Jahr im Markt eingeführt werden sollen. Konkrete Informationen, für welche Kundenkreise die privaten Anbieter Vorteile bringen werden, gab es allerdings erst hinter verschlossenen Türen. So ist von seiten der privaten Anbieter zunächst vorgesehen, daß Ortsgespräche weiterhin mit der Telekom getätigt werden sollen, während bereits Inlandsgespräche wesentlich günstiger angeboten werden sollen. Das Gemeinschaftsprojekt von VEBA und RWE, o.tel.o, beispielsweise bietet bereits ab einer Telefonrechnung von DM 50,– bei Inlandsgesprächen (über dreißig Kilometer Entfernung) seine Dienste günstiger als die Telekom an. Damit will o.tel.o bereits ab Beginn nächsten Jahres auch Privatkunden umwerben. Stattdessen amortisiert sich ein Wechsel von der Telekom zu arcor zunächst nur für Großkunden, die ein monatliches Gebührenaufkommen von etwa DM 10.000 haben. Immerhin ist es dem Unternehmen der Deutschen Bahn und der Mannesmann AG bereits gelungen, einen nennenswerten Großkunden, den Karstadt-Konzern, als Kunden an Land zu ziehen.

So sind sämtliche Karstadt-, Wertheim- und Hertiefilialen bereits mit arcor vernetzt. Daß mit dem Wegfall des Telekommunikationsmonopols am 1.1.1998 ein starker Wettbewerb einsetzt, wird allerdings nicht erwartet, da private Anbieter derzeit noch keine Leitungen zum Endverbraucher besitzen.

Die privaten Anbieter werden also nur zusätzlich für Inlandsgespräche genutzt werden können, während Ortsgespräche nach wie vor über die Leitungen der Telekom geführt werden. Derzeit wird vor Gericht noch über einen angemessenen Betrag für die Nutzung der Leitungen zum Endkunden gestritten. Frühestens in einem Jahr werden die neuen Telefongesellschaften in der Lage sein, auch Ortsgespräche anzubieten. Die beiden großen Gesellschaften arcor und o.tel.o gehören zu Konzernen, die bereits mit privater Telekommunikation vertraut sind: Zum einen betreibt Mannesmann das größte deutsche Mobilfunknetz, D2, während VEBA den größten Anteil am jüngeren E-Plus-Netz besitzt. Auch in diesem Bereich haben die privaten Unternehmen der Telekom, die das C-Netz und das D1-Netz betreiben, der Telekom bereits ein Preiskampf aufgedrängt, der den Kunden stetig sinkende Preise beschert hat.

Mit der DVD ist im HiFi-Bereich ein Ton- und Datenträger präsentiert worden, der eine Speicherkapazität besitzt, die weitaus größer als die einer herkömmlichen CD ist. Allerdings ist die DVD bei Händlern bisher kaum zu haben, und Experten vermuten, daß der hohe Preis die Kunden zunächst abschrecken wird. Ferner ist es derzeit noch nicht möglich, die DVD selber zu beschreiben, während diese Technik jetzt bei der CD endlich so kostengünstig geworden ist, daß die Konsumenten davon Gebrauch machen. Die IFA ist immer auch ein Spektakel für Fernseh- und Radiosender. Fast alle Radiosender aus der Region und etliche Fernsehsender sendeten live von der Funkausstellung. Mit Sendestandorten von SAT1, n-tv, ARD, BBC und RFI, dem Filmstudio Babelsberg, der alljährlichen Berlinale und über dreißig Radiosendern ist Berlin der Medienstandort in Deutschland, an dem 40.000 Arbeitsplätze hängen. Eine Nachricht aus diesem Bereich schlug gleich am ersten Tag der Ausstellung große Wogen: DF1, der erste digitale Fernsehsender, gibt auf. Das Pay-TV-Projekt von Leo Kirch, das milliardenschwere Verluste eingefahren hat, wird von Premiere übernommen. DF1 war weit hinter Erwartungen der Geschäftsleitung zurückgeblieben, da seit der Markteinführung nur rund 70.000 Kunden geworben werden konnten. Die Anschaffung einer sogenannten D-Box und die zusätzlichen Gebühren scheinen die Kunden abgeschreckt zu haben. Ende des Jahres wird DF1 den Sendebetrieb einstellen. Die Kunden wechseln zu Premiere, die zur Zeit ein neues Pay-TV-Projekt planen.

Ein viel strapazierter Begriff ist ohne Zweifel Multimedia. Natürlich warben auch Internet- und Onlinedienste vermehrt auf der IFA. Als Neuerung wurde die Verbindung von PC und Fernseher gefeiert. Allerdings läßt die Qualität von Fernsehern, die als Computermonitor genutzt werden stark zu wünschen übrig. Der Fernseher im Wohnzimmer als Schnittstelle auf dem Weg ins Internet wird sich wohl in nächster Zukunft nicht durchsetzen können.


 
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