© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    39/97  19. September 1997

 
 
EU-Zahlungen II: Die Festlegungen von Edinburgh
Unheilige Planungen
von Thomas Laake

Auf dem EG-Gipfel von Edinburgh im Dezember 1992 wurde die mittelfristige EG-Finanzplanung für den Zeitraum 1993 bis 1999 festgelegt. Nach den Gipfelvereinbarungen soll die Eigenmittel-Obergrenze bis 1999 auf 1,27 Prozent des Bruttosozialprodukts (BSP) der Gemeinschaft ausgeweitet werden.

Hinsichtlich der Struktur der Einnahmen des EU-Haushalts strebt man eine Reduzierung des dominierenden Anteils der Mehrwertsteuer-Eigenmittel an. Um dieses Ziel zu erreichen, wird der sogenannte maximale Abrufsatz bis 1999 auf ein Prozent der Mehrwertsteuer-Bemessungsgrundlage gesenkt. Zudem reduziert man die bestehende Kappungsgrenze von gegenwärtig 55 Prozent auf 50 Prozent des Bruttosozialprodukts. Seit 1995 gilt dies für diejenigen EU-Staaten, die ein Pro-Kopf-BSP von weniger als 90 Prozent des Gemeinschaftsdurchschnitts aufweisen, für die wirtschaftlich stärkeren Mitglieder wird die Änderung schrittweise bis 1999 vorgenommen. Schenkt man den Berechnungen der EU-Kommission Glauben, dürften diese Maßnahmen den Rückgang des Mehrwertsteuer-Anteils der Einnahmen bis 1999 auf rund ein Drittel bewirken. Diese Neuregelung bedeutet – insbesondere weil die traditionellen Eigenmittel mittelfristig eher sinken werden –, daß der BSP-Abgabe in Zukunft deutlich größere Bedeutung zukommt. Der BSP-Eigenmittel-Anteil dürfte bis 1999 auf durchschnittlich 40 Prozent der Gesamteinnahmen ansteigen. Im Ausgabenbereich sieht die gegenwärtige EU-Planung eine schrittweise Verringerung der Agrarausgaben auf knapp 45 Prozent der Gesamtausgaben bis zum Jahr 1999 vor . Der Rückgang soll in erster Linie durch eine weitgehende Abkehr vom System der Garantiepreise bei gleichzeitiger Gewährung direkter Einkommensbeihilfen an die Landwirte bewirkt werden. Diesen Einsparungen im Agrarbereich steht im Gegenzug eine massive Ausweitung der Mittel für die Strukturpolitik gegenüber. Der Gesamtbetrag der für Strukturmaßnahmen eingeräumten Verpflichtungsermächtigungen beträgt im Zeitraum von 1993 bis 1999 rund 192 Milliarden ECU. Dies sind im Durchschnitt 27,4 Milliarden ECU pro Jahr. Zum Vergleich: In der Finanziellen Vorausschau von 1988 bis 1992 wurden von der EG noch 67 Milliarden ECU für die Strukturpolitik veranschlagt.

Des weiteren soll die Außenpolitik im EU-Haushalt künftig größere Bedeutung erhalten. Zuvorderst ist dies auf die neuen Aufgaben der EU in Mittel- und Osteuropa zurückzuführen. Neben der neu hinzu gekommenen Position "Externe Politikbereiche" (Gesamtumfang 32 Milliarden ECU) wurden für außenpolitische Maßnahmen zwei Reserveposten geschaffen (1993 bis 1999 insgesamt 4 Milliarden ECU). In den vergangenen Monaten ist die gegenwärtig gültige EU-Finanzplanung von deutscher Seite wiederholt kritisiert worden. So forderten Politiker verschiedenster Parteien für die Zukunft sowohl eine gerechtere Verteilung der Beitragslasten als auch eine Begrenzung bzw. Reduzierung des Haushaltsvolumens.

Es stellt sich die Frage, warum diese Kritik erst jetzt kommt. War doch schon bei der Verabschiedung der mittelfristigen Finanzplanung auf dem 92er Gipfel klar, daß sich das ausgehandelte Finanzierungssystem für Deutschland auf jeden Fall als nachteilig erweisen würde. Insbesondere die Kritik von Finanzminister Waigel ist verwunderlich. Denn bekanntlich war Herr Waigel bereits im Jahre 1992 Finanzminister und saß für Deutschland in Edinburgh am Verhandlungstisch. Es bleibt nur die Hoffnung, daß ab dem Jahr 2000 die EU-Finanzen eine gerechtere Ausgestaltung finden.


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen