© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    39/97  19. September 1997

 
 
Hamburg leuchtet
Kommentar von Dieter Stein

Das Ergebnis der Hamburger Wahl wird mit Spannung erwartet. Viele politisch Interessierte, die sich durch das etablierte Parteienspektrum nicht mehr repräsentiert fühlen, rechnen mit einem Trend, auf wen man 1998 "setzen" soll. So plädiert der Starnberger Friedensforscher Alfred Mechtersheimer in einem internen Papier für die von ihm initiierte "‚Deutschland-Bewegung", daß seine Anhänger sich "auf das beste Pferd" konzentrieren sollten. Das "beste Pferd" sei die alternative Partei, die in Hamburg das höchste Ergebnis erzielt. Wobei er als relevante Alternativen den "Bund Freier Bürger" und die Republikaner ansieht.

Nun investiert auf den letzten Moment der Münchner Immobilienhändler und Verleger der Nationalzeitung, Gerhard Frey, Millionen in den Wahlkampf seiner zum Familienbetrieb gehörenden Partei DVU. Der zu den reichsten Männern Deutschlands gehörende Geschäftsmann droht wieder einmal – begrüßt von etablierten Politikern – zum lachenden Dritten einer Protestwahl zu werden. Mittels inzwischen dreier persönlich adressierter Schreiben an sämtliche 1,2 Millionen Hamburger Wähler und einer flächendeckenden Plakatierung empfielt sich die DVU als Protestpartei Nummer 1 – ohne Personal, aber mit Millionen Kapital im Rücken. Makaber, daß ein Erzkapitalist wie Frey immer wieder besonders Arbeiter und einfache Leute mit schlichten Parolen zu beeindrucken vermag.

Es sind dabei durchaus unterschiedliche Wählerschichten, die von den national-liberalen, rechtskonservativen und rechtsradikalen Parteien angesprochen werden – wobei mitnichten alle im selben Revier wildern und in einen Topf gehören. Dem BFB beispielsweise gelingt es am ehesten, im bürgerlich-reputierlichen Milieu ehemaliger FDP- und CDU-Wähler Anhänger zu sammeln. Er reaktiviert eine national-liberale Tradition, die in Deutschland lange verschüttet war – fraglich ist jedoch, ob dies zum Überspringen der Fünf-Prozent-Hürde reicht. Die Republikaner erreichen als eingeführtes Markenzeichen das klassisch national-konservative Wählerlager nebst einem stetig wechselnden, an- und abschwellenden Protestpotential aus allen Schichten. Die DVU schließlich ist das Marketingprodukt eines einzelnen Mannes, der stets geschickt Protestpotential von "rechts" auf seine geschäftlichen Mühlen zu lenken weiß, wenn eine ernst zu nehmende demokratische Rechtspartei "droht", erfolgreich zu werden. Freys geschäftliche Faustregel ist simpel: Solange es keine rechts-nationale Partei mit Erfolg gibt, ist stets er selbst "letzte Rettung" der Mühseligen und Beladenen. Daß es dabei bleibt, dafür drohen Hand in Hand Voscherau und Frey zu sorgen. Ein Schelm, der Böses dabei denkt.


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen