© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    41/97  03. Oktober 1997

 
 
Wiener SPÖ: Antrag auf ein Antragsformular für Arbeit
Herzlich lacht Häupl

von Severin Specht

Jetzt lacht er wieder – der Bürgermeister von Wien. Und zwar von zahlreichen Plakatwänden, die ganz offensichtlich für einen Zwischenspurt im parlamentarischen Wettlauf um die Wählergunst herhalten müssen.

Eigentlich lächelt er nur. Das dafür aber hintergründig, ja man könnte sogar sagen schelmisch. Oder – wenn man bös’ sein will – hinterhältig. Dabei gibt es gar nichts zu lachen bei der angeblichen: "Initiative Arbeit".

Die Hilflosigkeit der Politik gegenüber dem zunehmenden Schwinden der Arbeitsplätze – in Wien, in Österreich und natürlich in unserer Wirtschafts- und Schicksals-Gemeinschaft der Europäischen Union ist wohl ein Thema, dem auch ein Bürgermeister von Wien mit dem nötigen Ernst gegenübertreten sollte.

Doch dann wird dem Betrachter der Plakatserie plötzlich klar, woher das schelmische Lächeln des Politikers kommen mag. Da gibt es ein Sujet, bei dem dem Arbeitnehmer "das Recht auf sein Recht" versprochen wird. Das mag auf den ersten Blick als halt "etwas um die Ecke gedacht" erscheinen, an werbliche Stilelemente, die eigenartig anmuten, ist man ja längst gewöhnt. Bei näherer Betrachtung wird man aber feststellen, daß mit dieser sprachlichen Finte der Meister seinen Bürgern ein Schnippchen schlägt.

Spricht die Verfassung noch von einem Recht auf Arbeit, so wird durch den Stadthäuptling auf Werbekriegspfad nur mehr das Recht auf das Recht seinen "Rothäuten" zugebilligt.

Selbst wenn das ein klagbarer Anspruch wäre, hätten beschäftigungssuchende "Gefolgsmann(Inn)en" erst nach bekanntermaßen langwährenden Verfahren jenen Status erreicht, den die Bundesverfassung jedem Bürger taxfrei zubilligt. Für unseren obersten kommunalen Verwalter aber scheint es, wie schon von Reinhard Mey besungen, nichts Schöneres zu geben, als ein neues Antragsformular für den Antrag zur Beantragung u. s. w. zu erfinden.Ob das die Wähler – und auf die hat man es bei der ganzen Kampagne ja abgesehen – auch zum Lachen finden können? Da könnte dem Herrn Bürgermeister noch einmal das Lächeln einfrieren, wenn auch vielleicht erst in vier Jahren – dann wird in Wien wieder gewählt.


 
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