© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    43/97  17. Oktober 1997

 
 
Franz Schönhuber: Le Pen-Der Rebell
Intensives Porträt
von Holger Stürenburg

Weniger als neues autobiographisch-literarisches Werk, denn als informativer Bildband ist Franz Schönhubers 1997er-Veröffentlichung "Le Pen – Der Rebell" zu bezeichnen. Neben vielen, teilweise dem Privatalbum des FN-Vorsitzenden entstammenden Photos, erfährt der Leser Daten und Fakten aus dem Leben Le Pens, über seinen Aufstieg, seine Stärken und Schwächen, sowie Programmatik und Analyse des Front National. Schönhuber verzichtet in seinem neuen Buch weitgehend auf Selbstdarstellung und berichtet Persönliches ausschließlich im Zusammenhang mit der gemeinsamen parlamentarischen Arbeit mit dem Franzosen im Europaparlament oder auch bezüglich privater Besuche bei der Großfamilie Le Pen.

Zusätzlich enthält "Der Rebell" eine komplette Auflistung der FN-Presse und der Partei nahestehenden Publizistik. Hierbei ist jedoch auch das nahezu einzige Manko des Buches zu finden: Presseorgane, Flugblätter, Broschüren pro et contra Le Pen sind leider fast unkommentiert und vor allem nicht ins Deutsche übersetzt abgedruckt; Sinn und Aussage bleiben dem Französischunkundigen verschlossen. Schönhuber vermeidet in seiner Biographie eine Le Pen-Bejubelung genauso wie eine Verteufelung des "Rebellen". Stattdessen werden nüchtern vorbildhafte wie auch kritikwürdige Fakten, Äußerungen, Personalentscheidungen oder PR-Aktionen Le Pens und seiner Partei detailliert dargestellt und analysiert. Die moderne Aufmachung und Gestaltung des großformatigen Bildbandes sowie die vielen Photos und Dokumente in Verbindung mit einer großen, deutlichen Schrift geben dem Leser die Möglichkeit, das Buch intensiv zu studieren oder auch nur zur Unterhaltung durchzublättern. Die im Untertitel gestellte Frage, ob Le Pens Front National ein "Modell für Deutschland" sein kann, läßt Schönhuber jedoch größtenteils unbeanwortet. Hier wäre eine genaue Analyse des bundesdeutschen rechten Spektrums vonnöten, die aus der Feder Franz Schönhubers durch seine eigenen Erfahrungen zweiffellos einen besonderen Charme gehabt hätte.

Man mag von Schönhubers Führungs- und Politikstil halten, was man will, manche seiner früheren Personalentscheidungen auch heute noch nicht nachvollziehen können und wollen, aber der "Schriftsteller im vorpolitischen Raum" Franz Schönhuber mit seinem hohen Detail- und Hintergrundwissen, seinem reichen Zitatenschatz aus Literatur und Geschichte, sowie seine unübertroffene Fähigkeit, jedem politischen, kulturellen oder gesellschaftlichen Ereignis der heutigen Zeit ein passendes Beispiel aus der Weltgeschichte entgegenzuhalten oder zuzufügen, machen seine Bücher immer wieder zu einem Lesevergnügen der besonderen Art.

Franz Schönhuber: Le Pen – Der Rebell, VGB Verlagsgesellschaft Berg 1997 ,Großformat, geb., 200 Seiten, 48 Mark


 
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