© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    47/97  14. November 1997

 
 
Bund:Der Staat als experimentierender Unternehmer
Verbraucher im Aus
von Roland Schröder

Den Bund treiben chronisch leere Kassen zur Privatisierung staatlicher Unternehmen. Gleichzeitig streben die Kommunen nach immer neuen Wirtschaftlichen Betätigungsfeldern. Scheinprivatisierungen kommunaler Unternehmen verzerren den Wettbewerb. Möglich machen das Quersubventionierungen durch die öffentlichen Haushalte sowie steuerliche Privilegien. Die sichere Auftragsbasis von der Stadt deckt zudem schon einmal die Fixkosten ab.

So können kommunale Kfz-Werkstätten und städtische Unternehmen der Grünlandpflege ihre Dienste der Allgemeinheit zu Dumpingpreisen anbieten. Auch die private Entsorgungswirtschaft sieht sich einem knallharten Verdrängungswettbewerb ausgesetzt. Nicht zuletzt kann die Verflechtung mit der kommunalen Verwaltung für manchen Konkurrenzvorteil sorgen. Bei jährlichen Bürokratiekosten von 58 Milliarden DM, pro Unternehmen durchschnittlich 62.200 DM, ist die öffentliche Verwaltung selbst ein wichtiger Standortfaktor. Massiven Widerstand leisten die Kommunen gegen die Liberalisierung der bisher von ihnen beherrschten Märkte, zum Beispiel des Strommarktes. Genauso energisch betreten sie Neuland. So richten rund 30 Großstädte Tochterfirmen ein, um ab 1. Januar l998 der Telekom Konkurrenz zu machen. Düsseldorf (Isis) und Köln (NetCologne) gehören zu den Vorreitern. Mit enormen Investitionen strebt man auf Märkte oft weit über die eigenen kommunalen Grenzen hinaus. Vertraut wird auf satte Gewinne. Die Möglichkeit eines Scheiterns derart kapitalintensiver Projekte wird verdrängt. Kritik wies der Deutsche Städtetag im Juli 1997 mit der Feststellung zurück, damit wurden Bemühungen der Kommunen um eine bessere Verwaltung zunichte gemacht Leidtragender ist der Verbraucher. Als Steuerbürger haftet er für die Expansionsbestrebungen der öffentlichen Hand. Aber selbst im Erfolgsfall hat er das Nachsehen. Angeblich haben die Kommunen bei ihren Engagements allein das Verbraucherinteresse im Sinn. Doch die Fakten sprechen eine andere Sprache. Seit 1991 stiegen die staatlich beeinflußten Preise um ein Drittel schneller als die sich am Markt bildenden. Während die gesamten Lebenshaltungskosten zwischen Mai 1997 und dem Jahresdurchschnitt l991 um 15,8 Prozent stiegen, betrug der Preisauftrieb der administrierten Preise im selben Zeitraum 21,4 Prozent. Ob Parkgebühren, die Kraftstoffpreise oder die Rundfunk- und TÜV- Gebühren, sie alle gehören zu den Preistreibern. Millionenschwere Monopolgewinne der Post verhindem Portoerhöhungen ebensowenig, wie kommunale Träger ausufernde Abwasser- und Müllgebühren. Selbst wenn ein kommunaler Anbieter in einem Bereich ein günstiges Angebot unterbreiten kann, hat es der Verbraucher durch überhöhte Gebühren und Abgaben an anderer Stelle längst bezahlen müssen. Reformbemühungen erfolgen nur halbherzig. So wirken in dem im September 1995 von der Bundesregierung eingesetzten "Sachverständigenrat Schlanker Staat" neben Parteipolitikern, Professoren, Gewerkschafts- und Beamtenbund-Vertretern lediglich zwei Vertreter der freien Wirtschaft mit. Die Privatisierung auch der kommunalen Unternehmen ist für die betroffenen Beschäftigten, die häufig um Besitzstände fürchten, erst einmal schmerzlich. Sie selbst wissen am besten um das Ausmaß des Rationalisierungspotentials. Letztlich legt ein ausufernder öffentlicher Bereich aber die Axt an seine Fundamente. Der eigene Unterhalt verschlingt einen immer größeren Anteil des Steuer- und Abgabenaufkommens. Zusätzlich ruiniert man private Unternehmen, die den Großteil jener Mittel erst erwirtschaften.


 
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