© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    47/97  14. November 1997

 
 
Tradition: Die Infanterieschule Hammelburg verteidigt den Anspruch auf Ehre
Ritterkreuzträger im Fadenkreuz
von Peter Hild

 Vom 16. bis 19. Oktober fand in Hammelburg das 43.Bundestreffen der Ordensgemeinschaft der Ritterkreuzträger (OdR) statt. Wie ein Jahr zuvor in Dresden, wurde die "demokratische Öffentlichkeit" mobilisiert. Eine "Bürgerinitiative Solidarität statt Rassismus" wandte sich an den Bundesverteidigungsminister Rühe, der sich prompt vom OdR-Treffen distanzierte.

Mehr als vier Jahrzehnte wurden diese Treffen mit Unterstützung der Bundeswehr und Vertretern der Öffentlichkeit ausgerichtet. Heute ist davon nichts mehr zu spüren. Im Gegenteil: Volker Rühe sprach sich nicht nur als Minister gegen diese traditionsreiche Veranstaltung aus, sondern wohl auch als Mitglied des Präsidiums der CDU. SPD, Bündnis 90/Die Grünen und die PDS zeigten hier sofort "Bündnistreue". Der frühere SPD-Chef Hans-Jochen Vogel protestierte als Vorsitzender des Vereines "Gegen Vergessen, für Demokratie" sogar gegen die geplante Totenehrung während des OdR-Bundestreffens.

Wie in Dresden, waren auch die "Antifaschisten" in Hammelburg vor Ort. In extra verschlissenen Bundeswehruniformen, Pappgewehren und angedeuteten Hakenkreuzarmbinden belästigten sie Passanten. Sogar das Betreten des Tagungsortes der OdR wurde ihnen durch die Polizei nicht verwehrt.

An dem Treffen nahmen nahezu 300 Personen teil. Von den ursprünglich 82 angemeldeten Ordensträgern kamen in diesem Jahr 66 derart Geehrte. Hinzugerechnet wurden die 32 Vollmitglieder ohne Ritterkreuz, davon 29 aus der Enkelgeneration der ehemaligen Kriegsteilnehmer. Die zahlreichen Ausländer aus Ländern der Bündnispartner im Zweiten Weltkrieg zeigten sich enttäuscht und empört über das Verhalten deutscher Politiker. Die Unterstützung eines Arbeitseinsatzes des OdR-Freundeskreises auf der russischen Kriegsgräberstätte des ehemaligen Stalag XIII C im Lager Hammelburg wurde kurz vor Beginn auf höhere Weisung durch die Bundeswehr zurückgezogen. Ihre letzte Ruhestätte haben hier 3.458 Kriegsopfer, vornehmlich Kriegsgefangene der Roten Armee.

Die Infanterieschule Hammelburg reagierte gespalten auf das Bundestreffen der OdR. Der Schulkommandeur, Brigadegeneral Wulf Wedde, und viele seiner Stabsoffiziere bewiesen Courage, indem sie trotz des Verbots einer offiziellen Bundeswehrbeteiligung halfen, wo es ihnen möglich war. Ihre Anwesenheit beim Festabend, der Gedenkfeier und der Kranzniederlegung war Ausdruck der soldatischen Verbundenheit.

Beim Aufbau der Bundeswehr waren 674 Ritterkreuzträger dabei, auch auf ausdrücklichen Wunsch der alliierten Besatzungsmächte. Die soldatische Erfahrung der Inhaber dieser höchsten Tapferkeitsauszeichnung war Bestandteil des Abschreckungspotentials der neuen deutschen Armee im Kalten Krieg. Das Ritterkreuz steht in der Tradition des 1813 gestifteten Eisernen Kreuzes, das heute Hoheitsabzeichen der Bundeswehr ist.


 
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