© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    52/97 u. 01/98  19. Dezember / 26. Dezember 1997

 
 
Parteien: Heiner Kappel gründet "Offensive für Deutschland"
Rechtsliberale Sammlung
von Markus Schleusener

Die deutsche Parteienlandschaft ist seit vergangenem Samstag um einen weiteren Farbtupfer reicher geworden: In Anwesenheit von Manfred Brunner, Vorsitzender des Bundes Freier Bürger (BFB), wurde in der Autobahnraststätte am Kirchheimer Dreieck von Heiner Kappel die "Offensive für Deutschland" gegründet. Der ehemalige FDP-Politiker und hessische Landtagsabgeordnete kündigte vor den rund 300 Gästen zugleich an, seine Sammlungsbewegung bereits Ende Januar mit dem BFB zu verschmelzen. Als weitere Partner für diese neue Partei kommen nach Kappels Worten die Deutsche Soziale Union (DSU) und die Deutsche Partei (DP) in Frage.

Außer ehemaligen FDP-Mitgliedern, darunter auch die siebenköpfige Kreistagsfraktion in Kappels Wahlkreis Bad Soden, nahmen Vertreter unterschiedlicher Gruppierungen an der Versammlung teil. So erklärten Baldur Springmann, ehemaliges Gründungsmitglied der Grünen, und der "CDU-Rebell" Heiko Peters aus Hamburg ihre Unterstützung für die neue Partei. Unter den zahlreich anwesenden CDU-Mitgliedern befand sich neben dem ehemaligen Landtagsabgeordneten Heiner Hofsommer aus Hessen auch die frühere Landesvorsitzende der brandenburgischen Union, Carola Hartfelder. Frau Hartfelder, die in der CDU seit Monaten entmachtet und isoliert ist, behielt sich einen Parteiwechsel allerdings vor.

Ursprünglich war geplant, die Gründung im Wappensaal auf der Wartburg bei Eisenach durchzuführen. Das Lokal, das dem Land Thüringen gehört, weigerte sich allerdings seine Räumlichkeiten für eine Parteigründung zur Verfügung zu stellen, so daß das Treffen kurzfristig nach Hessen verlegt werden mußte. Dennoch demonstrierte eine kleine Zahl von Autonomen unverdrossen und mit angestrengt witzigen Transparenten ("Laßt euch nicht verkappeln") vor der Wartburg.

Trotz dieser Schlappe gab sich Heiner Kappel siegesgewiß. In seiner Rede kündigte er an, an den kommenden Bundestagswahlen teilzunehmen. Den etablierten Parteien, allen voran der FDP, warf er vor, nicht mehr die Interessen des deutschen Volkes zu vertreten. "Die Politiker sollen wieder dem Volk dienen, und nicht am Volk verdienen", so Kappel. Man habe alles versucht, seine Kampagne zur Befragung der Liberalen zur Euro-Einführung zu verhindern. Schließlich habe man ihn ausgegrenzt und aus der Fraktion ausgeschlossen. Inhaltlich gab es weder neue Denkanstöße noch eine klare Botschaft an den Wähler. Unter dem Beifall der Anwesenden führte Kappel aus, der Staat sei zu aufgeblasen, die Beamtenschaft müsse verringert, der Asylantenzustrom gestoppt werden. Deutschland benötige "keine Universität der Masse, sondern eine Universität der Klasse". An den Schulen werde nicht mehr das notwendige Grundwissen vermittelt. Deutschland als Wirtschaftsstandort habe so zukünftig keine Chance. Kappel weiter: "Was bedeutet denn heute noch ‘Made in Germany’? Nur, daß das Produkt teurer ist!" Er beendete seine Rede frei nach Martin Luther: "Hier stehe ich, ich kann auch anders!".

Aus dem Kreis rechter FDP-Mitglieder aus Berlin war zu erfahren, daß die für die letzte Woche im Januar geplante Verschmelzung von Bund Freier Bürger und "Offensive für Deutschland" in Berlin als Versuch gewertet wird, weitere prominente Liberale abwerben zu können. Zeit und Ort sprächen deutlich dafür. So wird der Ausgang der Wahl zum neuen Landesvorsitzenden am 24. Januar, bei der Ex-Generalbundesanwalt Alexander von Stahl als Galionsfigur des nationalliberalen Flügels der Partei zum zweiten Mal den amtierenden Landeschef Martin Matz herausfordert, unter Umständen weitere Liberale dazu bewegen, die FDP zu verlassen. Auch Manfred Brunner gehörte der FDP an, deren Landesvorsitzender er in Bayern war.

Ob der Rechtsanwalt Alexander von Stahl allerdings zu den Überläufern gehören wird, ist eher fraglich. Bislang erklärte er auf entsprechende Nachfragen stereotyp: "Ich bleibe in der FDP und halte Wege außerhalb der Partei für wenig sinnvoll."

Trotz notdürftiger Organisation und Vorbereitung fand das Treffen ein großes Echo in den Medien. Dennoch werden die Wahlchancen einer finanziell zwar gut ausgestatteten, aber mitgliederschwachen Organisation nicht besonders gut bewertet. Die Wahlen zur Hamburger Bügerschaft im September, bei denen der BFB 1,3 Prozent, die Republikaner 1,9 Prozent erreichten, haben dies bereits gezeigt. Selbst wenn sich die neue Gruppierung unter dem Namen "Die Freiheitlichen" noch mit den Resten der DSU und der Deutschen Partei aus Niedersachsen auf ein gemeinsames Konzept einigen sollte, räumen politische Beobachter der Partei bei der nächsten Bundestagswahl neben den Republikanern, von denen man sich eiligst distanzierte, vorerst nur geringe Erfolgschancen ein.


 
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