© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    03/00 14. Januar 2000


Interview: CDU-Landrat Clemens-August Krapp will Geld für Kohl sammeln
"Helmut, wir stehen zu Dir"
Moritz Schwarz

Herr Krapp, Sie haben ein "Notopfer Kohl" angeregt und damit Aufsehen erregt. Jedes CDU-Mitglied soll zehn Mark spenden. Wollen Sie mit dieser basisdemokratischen Aktion die CDU oder Helmut Kohl retten?

Krapp: Ich will, daß wir politisch wieder in die Offensive kommen. Zweitens möchte ich deutlich machen, daß die Fehler, die gemacht worden sind durch Helmut Kohl, die er eingestanden hat, auch wieder repariert werden müssen, indem wir den Schaden gutmachen. Der Bundestag wird aller Wahrscheinlichkeit nach sechs Millionen von der CDU bekommen müssen. Das ist zwar ein Riesenbetrag, aber für die CDU Deutschland bedeutet das für jedes Partei-Mitglied nur zehn Mark, die wir natürlich nicht sammeln können. Es wäre falsch, das zu glauben. Das ist nur ein symbolischer Akt. So zeigen wir: Helmut Kohl, wir stehen zu Dir. Und dann müssen die Leute, die etwas mehr Geld verdienen, mehr spenden, um möglichst schnell dieses Geld zusammen zu bekommen. Ich will deutlich machen, daß Helmut Kohl das Ehrenwort auf jeden Fall halten muß. Er hat nichts zum eigenen Vorteil genommen. Warum will man ihn zwingen, sein Ehrenwort zu brechen? Das geht nicht, denn das menschliche Zusammenleben baut auf Vertrauen und auf Zuverlässigkeit auf. Wenn man sich auf ein Ehrenwort nicht mehr verlassen kann, ist das viel schlimmer, als das, was mit der Spendendeklarierung von Kohl angerichtet worden ist.

Helmut Kohl hat gewußt, daß er etwas tut, das, wenn es aufgedeckt wird, ihn zwingt, entweder sein Ehrenwort zu brechen oder aber die Demokratie zu beschädigen.

Krapp: Helmut Kohl hat dadurch auch sehr gelitten, und nach meiner Meinung ist diese ganze Hetzkampagne ja nicht spurlos an ihm vorbeigegangen. Wenn jemand einen Fehler macht, dann muß er auch die Möglichkeit haben, daß man ihm diesen Fehler verzeiht. Man muß Schaden wiedergutmachen. Helmut Kohl ist mir durch all dies menschlicher geworden.

Kohl ist da nicht hineingeschlittert, er hat gewußt, daß eines Tages jemand die Zeche zahlen muß.

Krapp: Ich glaube nicht, daß ihm das so bewußt gewesen ist. Wir vergessen: Kurz nach der Wiedervereinigung mußten die politischen Parteien schnell handeln, um zu versuchen, in den neuen Ländern die Demokratie aufzubauen. Die PDS hatte riesige Vermögen, auch die SPD hatte dort Altvermögen und die CDU hatte gar nichts. Ich bin damals da gewesen. Das war ja trostlos. Kohl hat dieses Geld genommen, um dort schnell aufbauen zu können. Ich gehe davon aus, daß er über das, was Sie jetzt an Konsequenzen schildern, nicht nachgedacht hat.

Wie ist die Reaktion der Basis auf die Affäre und auf Ihre Initiative?

Krapp: Gestern hatten wir über 200 Leute im Saal. Vielleicht ein Viertel war nicht einverstanden. Einer von der Jungen Union sagte, wir sollten uns vom Altbundeskanzler abkoppeln. Also man muß schon zu seinen Vätern stehen. Das ist in meiner Familie auch so. Und so ist es auch in der Politik und die Mehrheit der Leute sagt, wenn man zu den Vorvätern steht, dann ist das schon ein besonders guter Charakterzug. Unser Kreisverband hat 3.650 Mitglieder. Jeder 10 Mark, sind 36.000 Mark. Bis jetzt haben wir im Kreis schon zwei Drittel dieser Summe gesammelt.

Sehen Sie nicht die Gefahr, daß viele Mitglieder Ihre Initiative als ein moralisches Zeichen gegen einen unmoralischen Kanzler verstehen?

Krapp: Nein. Helmut Kohl und die CDU sind eins. Die Geschichte der CDU ist Helmut Kohl. Natürlich kann auch irgend jemand unsere Aktion mißbrauchen, in dem sie das so interpretieren, etwa die Medien. Das kann ich nicht verhindern.

Nichtsdestotrotz bricht das "System Kohl" offenbar zusammen.

Krapp: Von diesem Begriff halte ich gar nichts. Wir haben Politik mit Kohl gemacht, jetzt machen wir Politik mit anderen Leuten.

 

Clems-August Krapp, 61, ist seit 1972 ehrenamtlicher Landrat im niedersächsischen Landkreis Vechta. Von 1974 bis 1994 gehörte er dem Landtag an.


 
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