© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    05/00 28. Januar 2000

 
CDU-Spendenaffäre: Rolf Schlierer, Vorsitzender der Republikaner, droht mit einer Klage
"Manche sind eben gleicher"
Thorsten Thaler

Herr Dr. Schlierer, Sie haben rechtliche Schritte gegen eine Festsetzung staatlicher Zuwendungen an die CDU für das Jahr 1999 angekündigt, weil Sie eine Nachbesserung des fehlerhaften Rechenschaftsberichtes der CDU für 1998 für rechtswidrig halten. Womit begründen Sie Ihre Androhung einer Klage?

Schlierer: Ich begründe sie mit den eindeutigen Bestimmungen im Parteiengesetz. Hier gibt es eine ganz klare Aussage, daß die Rechenschaftsberichte bis zum Ende des laufenden Jahres abzugeben sind. Ich stütze mich vor allen Dingen auf ein Schreiben der Bundestagsverwaltung, das uns im September letzten Jahres zugegangen ist, in dem ausdrücklich festgestellt wurde, daß eine Nachbesserung der Rechenschaftsberichte nach dem 31. Dezember 1999 für das Rechnungsjahr 1998 nicht mehr möglich sei. Da aber die Offenbarung der hessischen CDU erst im Januar erfolgte und die Rechenschaftsberichte nicht nur den Bundesverband einer Partei umfassen, sondern sämtliche Untergliederungen, steht fest, daß diese Zuschüsse, die der hessischen CDU aus Liechtenstein und sonstwo zugeflossen sind, in diesem Bericht nicht aufgeführt sind. Damit ist der Bericht inkorrekt und dürfte normalerweise bei Gleichbehandlung der Parteien nicht mehr akzeptiert werden.

Geht es Ihnen vor allem um die formale Gleichbehandlung, oder hoffen Sie auch, von einer anderen Verteilung der Gelder finanziell zu profitieren?

Schlierer: Zunächst geht es uns um die Gleichbehandlung als Rechtsgrundsatz, nicht zuletzt auf Grund der Erfahrungen, die wir in der Vergangenheit schon machen mußten im Zusammenhang mit der Festsetzung der staatlichen Teilfinanzierung. Die Umverteilung ist ein sekundärer Gesichtspunkt, und zwar vor allen Dingen deshalb, weil ja nicht wir die Hauptnutznießer davon wären, sondern die politische Konkurrenz von SPD, Grünen, FDP und PDS.

Aber richtig ist doch, daß auch den Republikanern bei einer anderen Verteilung der Gelder mehr Mittel zur Verfügung stehen müßten als bisher?

Schlierer: Wenn korrekt verfahren wird, dann müßte bei der Festsetzung der staatlichen Zuwendung für das Jahr 1999 in der Tat der Anteil, der rein rechnerisch auf die CDU entfallen würde, wenn deren Rechenschaftsbericht korrekt wäre, auf die anderen Parteien verteilt werden. Das würde selbstverständlich auch für uns noch einmal einen Zuschlag bedeuten.

In einem anderen Fall haben Sie gegen die Festsetzung von staatlichen Mitteln für die FDP für das Jahr 1996 geklagt. Daraufhin ist die Rechtswidrigkeit zwar festgestellt worden, die FDP brauchte aber das Geld gleichwohl bis heute nicht zurückzahlen. Wie erklärt sich das?

Schlierer: Es erklärt sich dadurch, daß sich Frau Süßmuth, obwohl sie von dem zuständigen Fachbeamten auf mögliche rechtliche Konsequenzen für sie im Sinne einer Untreuehandlung hingewiesen wurde, sich weitere rechtliche Stellungnahmen eingeholt hat, die das wieder etwas anders deuteten, um, im Sinne der Amtshilfe für den Koalitionspartner FDP, die Mittel dann dennoch auszuzahlen. Die Strafanzeigen, die wir erstattet haben, sind im Sand verlaufen, weil die Verfahren von der Staatsanwaltschaft Bonn relativ rasch eingestellt wurden. Das ist für mich ein glatter Rechtsbruch. Frau Süßmuth steht damit auch voll in der inneren Traditionslinie ihrer Partei, die es ja mit Recht und Gesetz nicht so genau nimmt.

Seinerzeit ist argumentiert worden, daß es eine unbillige Härte für die FDP bedeuten würde, die Gelder auf einen Schlag zurückzahlen zu müssen.

Schlierer: So hat die FDP argumentiert. Sie hat sich sogar zu der Aussage verstiegen, daß die Parteien einen originären Rechtsanspruch auf Alimentierung durch den Staat hätten. Selbstverständlich wäre es für die FDP eine Härte gewesen, nur bei uns wurde dieses Verfahren 1995 für das Rechnungsjahr 1994 auch angewandt, und da hat niemand von unbilliger Härte gesprochen.

Die Bundestagsverwaltung wird doch aber kaum ein Interesse daran haben, jetzt die CDU finanziell in den Ruin zu treiben.

Schlierer: Nein. Die Bundestagsverwaltung möchte ich ausdrücklich in Schutz nehmen. Die Beamten haben, wie ja gerade das FDP-Verfahren gezeigt hat, sich sehr korrekt verhalten, wenn man von einem Abteilungsleiter absieht, der sich ja nun den Hohn und Spott der Richter über sein inkonsequentes Verhalten anhören mußte. Das ist eher das Problem der politischen Entscheidungen durch die oder den Bundestagspräsidenten.

Wolfgang Thierse kann genausowenig Interesse daran haben.

Schlierer: Das ist leider zu befürchten. Deshalb habe ich ihm diesen Brief geschrieben, um ihn rechtzeitig vor der nächsten Abschlagzahlung an die Parteien Mitte Februar darauf aufmerksam zu machen. Es ist in der Tat so, daß manche in dieser Demokratie gleich sind und andere eben gleicher.

Die Republikaner fordern enttäuschte CDU-Mitglieder zum Übertritt auf. Mit Erfolg?

Schlierer: Ja, es gibt schon die ersten Übertritte von langjährigen CDU-Mitgliedern. Ich habe jetzt gerade wieder ein Schreiben eines Rechtsanwalts auf dem Tisch, der 40 Jahre in der CDU war und jetzt zu uns übertreten will.

Können Sie da eine Größenordnung nennen?

Schlierer: Im Moment kann ich dazu beim besten Willen nichts sagen, da müßte ich zuvor alle Landesverbände befragen.

Rechnen Sie denn auch mit Übertritten von Promimenten?

Schlierer: Im Moment nicht, denn die CDU wird in dieser Phase sicherlich versuchen, zusammenzurücken. Ich möchte das aber für die Zukunft nicht ausschließen. Wenn hier noch weitere Dinge zum Vorschein kommen, etwa in Zusammenhang mit der Leuna-Elf-Aquitaine-Geschichte, dann ist es nicht auszuschließen, daß es zu Zerfallserscheinungen kommt, wie wir es seinerzeit bei der Demokratia Christiana in Italien erlebt haben.

Sie haben Ihrer Partei eine Image-Kampagne verordnet. Was stimmt mit dem Image der Republikaner nicht?

Schlierer: Wir haben das Problem, daß uns unablässig angehängt wird, wir seien die Partei der Skinheads und wären für Gewalt im politischen Bereich. Das hat sich bisher als Haupthindernis bei der Mitgliederwerbung und der Gewinnung von Kandidaten herausgestellt. Das wollen wir abbauen.

Ist damit auch eine inhaltliche Neupositionierung der Partei verbunden?

Schlierer: Klipp und klar: Nein. Für eine inhaltliche Neubestimmung sehe ich keinen Anlaß. Die Partei wird auch unter dem Aspekt weiterer Zerfallserscheinungen der CDU ihre inhaltlichen Standpunkte nicht aufgeben müssen.

Was müßte sich an der Parteienfinanzierung konkret ändern?

Schlierer: Erstens sollten Spenden nur noch von natürlichen Personen möglich sein und nicht mehr von juristischen. Das zweite wäre eine Sanktionsmaßnahme, daß in den Fällen, in denen Spenden von Parteien nicht angegeben werden, der Bundestagspräsident ausdrücklich dazu verpflichtet wird, in diesem Jahr keine Mittel festzusetzen. Und das dritte ist die Aufnahme einer Strafrechtsbestimmung ins Parteiengesetz, in der festgesetzt wird, daß Parteien oder Politiker, die Spenden verheimlichen, die keine kompletten oder keine korrekten Rechenschaftsberichte abgeben oder die beispielsweise die Abgabepflicht, die jetzt schon im Parteiengesetz verankert ist, mißachten zum Beispiel für inkorrekt eingeworbene Spenden, daß die mit Freiheitsstrafen von drei Monaten bis fünf Jahren bestraft werden.

Können Sie ausschließen, daß es in Ihrer Partei keine Verstöße gibt oder gegeben hat?

Schlierer: Ja. Das kann ich definitiv. Vielleicht rührt es auch daher, daß wir einer ganz besonders sorgfältigen Beobachtung unterliegen und bei uns die Finanzen nie in den Himmel gewachsen sind. Wir sind nicht die glücklichen Spendenempfänger, und deswegen haben wir da auch eine reine Weste.

 

Dr. Rolf Schlierer: Der 45jährige Arzt und Rechtsanwalt ist seit 1992 Landtagsabgeordneter in Baden-Württemberg und Fraktionsvorsitzender. Im Herbst 1994 wurde er als Nachfolger von Franz Schönhuber der Parteivorsitzende der Republikaner


 
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