© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    07/00 11. Februar 2000

 
CD: Jazz
Zeit-Dokument
Michael Wiesberg

Der am 1928 in Norwalk/Connceticut geborene Horace Silver gehört zu den herausragendsten Pianisten, die der Jazz hervorgebracht hat. Wer sich einen Eindruck von Silvers beeindruckendem Werk verschaffen will, dem sei die von dem Kölner Label EMI Electrola vertriebene Horace Silver-Retrospektive empfohlen. Daß das New Yorker Label "Blue Note Records" diese insgesamt 4 CDs umfassende Retrospektive vorlegt, kommt nicht von ungefähr. Der Name Horace Silver ist mit der großen Zeit dieses Label zwischen 1955 und 1965 unmittelbar verknüpft. In dieser Zeit erschienen Alben wie "Six Peaces of Silver" (1956), "Finger Poppin’" (1959), "Blowin’ the Blues away" (1959), "Horace-Scope" (1960), "Song for my Father" (1964) oder "The Jody Grind" (1966).

Schon während seiner Schulzeit trat Silver als Saxophonist und Pianist auf. Auch als Komponist zeigte er bereits früh eine erstaunliche Reife, wie zum Beispiel der Titel "Horace-Scope" zeigt, der zu seinen erfolgreichsten Einspielungen zählt. Der berühmte Tenorsaxophonist Stan Getz schließlich war es, der Silvers Potential zuerst entdeckte und mit diesem 1950/51 auf Tournee ging. Von großer Bedeutung für die weitere Karriere von Silver sollte die Zusammenarbeit mit Miles Davis und mit dem Schlagzeuger Art Blakey werden. Blakey und Silver gründeten 1954 eine der bekanntesten Bands der Jazz-Geschichte: die Jazz Messengers. 1956 gründete Silver dann in der Besetzung Hank Mobley (Tenorsaxophon), Art Farmer (Trompete), Doug Watkins (Bass) und Art Taylor (Schlagzeug) sein erstes Quintett. Es folgte die Einspielung der erwähnten Alben, die für den Hardbop Maßstäbe setzen sollten. Diese Phase seines musikalischen Schaffens wird in der Retrospektive ausgiebig dokumentiert. Es finden sich Titel wie "The Preacher", laut Ekkehard Jost die "Hymne des frühen Hardbop", "Cool Eyes", "Senor Blues", "Blowin‘’ the Blues away", "The Tokyo Blues", "Silver’s Serenade" und viele andere, die den musikalischen Ruhm Silvers bis heute begründen.

Mitte der sechziger Jahre begann Silver häufiger in wechselnden Zusammensetzungen zu spielen. Zu seinen Partnern gehörten zum Beispiel der Tenorsaxophonist Joe Henderson bei den Aufnahmen für "Song for my Father" oder Woody Shaw (Trompete) auf "The Cape Verdean Blues" (1965). Anfang der siebziger Jahre wandte sich Silver umfangreicheren Projekten wie der Plattentrilogie "The United States of Mind" zu. Auch diese Phase wird auf der Retrospektive repräsentativ mit Aufnahmen wie "How much does matter really matter" oder "All" dokumentiert. Es folgen Mitte der siebziger Jahre Alben wie "Silver On Brass", "Silver On Wood", "Silver On Voices" und "Silver On Strings Play the Music of the Spheres", mit denen die Silver-Retrospektive schließt.

Der jazzmusikalische Bogen dieser Retrospektive versammelt sicherlich die interessantesten Aufnahmen der langen Karriere von Horace Silver. Wie prägend die Blue-Note-Ära für ihn geblieben ist, zeigt die Tatsache, daß Silver, nachdem er seine eigene Plattenfirma gründete, Blue-Note-Aufnahmen wiederveröffentlichte. So 1979 in "Sterling Silver", das Aufnahmen aus der Zeit von 1956 bis 1964 vereint, bzw. auf dem 1986 herausgebenen Album "Horace Silver & The Jazz Messengers". Für den Interessierten bietet die Retrospektive einen reizvollen Querschnitt durch sein Werk, das zum eindrucksvollen Dokument der großen Zeit des Hard Bop geraten ist.


 
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