© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    08/00 18. Februar 2000


Von der Krise erfaßt
von Markus Schleusener

Die FDP wird von einem Streit um Macht und Ethik zerrissen. Im Streit um die Zukunft von Ministerpräsident Koch ist ein offener Krieg zwischen Landes- und Bundes-FDP entbrannt. Ist die symbolische Enthauptung des Landesfürsten eine moralische Notwendigkeit oder ein leichtfertiges Einknicken gegenüber Rot-Grün?

Obwohl bislang nur die FDP ohne Fehl und Tadel ist, was Flugaffären und schwarze Kassen angeht, läßt sie sich in den Strudel der CDU-Affäre mit hinab reißen. Dieser Tage ähneln sich die etablierten Parteien doch wie eine Kopie der anderen. Da könnte die FDP mit dem Pfund wuchern, daß sie als einzige sauber geblieben ist, während Grüne, CDU/CSU und SPD von Skandal zu Skandal schlingern. Aber diese Strategie allein wäre nur von kurzfristigem Erfolg. Wie im vergangenen Jahr zu sehen war, profitierte die CDU von der Schwäche der SPD. Das dauerte nur solange bis die Regierung Tritt gefaßt und gleichzeitig Kohls schwarze Kassen thematisiert wurden. Versuchte die FDP nunmehr ihren Nektar aus dem "Kohlgate" zu ziehen, wäre sie damit nur solange erfolgreich, bis das Thema wieder in Vergessenheit gerät.

Was die FDP braucht, ist endlich ein Richtungswechsel. Die Regierungsbeteiligung der Freiheitlichen in Wien sollte eigentlich zu dieser Erkenntnis beitragen. Aber nichts davon geschieht. Der FDP-Parteitag in Berlin hat aber gerade wieder bewiesen, daß sich diese Koalition von linken Spießbürgern, Globalisierungsjüngern und Vorkämpfern von Drogenfreigabe und Homosexuellenehe einer solchen Kursänderung permanent verschließen wird. Um die korrupten Praktiken unserer Politiker zu entlarven, müßte sich die Partei ja auch von dem Selbstbedienungssystem distanzieren, von dem sie selbst jahrelang profitiert hat und heute noch profitiert. Nichts davon wird sie tun. Da helfen auch die deutlichen Worte führender FDP-Vertreter gegen die Attacken aus dem EU-Lager gehen in die richtige Richtung nicht. Auch die Feststellung auf einer Klausurtagung, daß einzig eine 90-Grad-Wendung nach rechts erfolgversprechend sei, blieb ergebnislos. Und schließlich sind auch die angeblichen Bemühungen Guido Westerwelles um prominente Neumitglieder, die diesen Wechsel verkörpern könnten, nicht von Erfolg gekrönt worden.

Trotzdem ist und bleibt die FDP eine notwendige Schachfigur, um wenigstens Rot-Grün eines Tages entmachten zu können. Daß die FDP bereit und in der Lage ist, wenigstens diese Rolle zu spielen, das versucht sie in Hessen gerade unter Beweis zu stellen.


 
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