© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    09/00 25. Februar 2000

 
Ausstellung: Vor 500 Jahren wurde Kaiser Karl V. geboren
Machtkampf mit Luther
Ralf Fritzsche

Am 23. August 1556 trat der letzte christliche Weltherrscher als Kaiser zurück und faßte seine Ambitionen beim Brüsseler Abdankungsakt noch einmal zusammen: "Ich habe die Kaiserkrone gesucht, nicht um über noch mehr Reiche zu gebieten, sondern um für das Wohl Deutschlands und meiner anderen Reiche zu sorgen, der gesamten Christenheit Frieden und Eintracht zu erhalten und zu schaffen und ihre Kräfte gegen die Türken zu wenden."

Karl sah sich zeitlebens als religiöser Idealist, der die Einheit der Kirche erhalten wollte, dabei durchaus Reformen offen gegenüberstand, wie das 1545 einberufene Konzil von Trient bewies, das die katholische Kirche an Haupt und Gliedern erneuern sollte. Andererseits sah er den Kampf gegen die Reformation sowie gegen Ketzer und Heiden als seine persönliche Mission an. Karl beherrschte – zusammen mit den überseeischen Besitzungen – ein Reich, "in dem die Sonne nie untergeht". Seine Konzeption aber war zeitlebens eine Gesellschaft frei von nationalen Schranken, einig in Weltanschauung und Glauben.

Als Karl geboren wurde, war das Haus Habsburg bereits eine Weltmacht. Karl selbst wuchs in Flandern auf, 1516 wurde er König von Kastilien und Aragon. Als sein Großvater starb, wurde er 1519 – mit starker finanzieller Hilfe des Hauses Fugger – von den deutschen Kurfürsten gewählt und am 23. Oktober 1520 gekrönt. Schon 1521 widerfuhr ihm sein Schlüsselerlebnis, welches den Kern für seine späteren Konflikte in Deutschland legte: Auf dem Reichstag zu Worms ächtete er den rebellischen Mönch Martin Luther, weil dieser seine Lehre nicht widerrief. Durch das Wormser Edikt wurden außerdem seine Schriften verboten.

Außenpolitisch hatte Karl mit zwei Gegnern zu kämpfen: Den Türken im Südosten Europas und Frankreich, personifiziert in seinem König Franz I., einem unerbittlichen Gegner Karls. Gegen diesen entbrannte dann auch ein Krieg um Burgund und norditalienische Gebiete. 1525 siegten die kaiserlichen Truppen bei Pavia. Franz mußte nachgeben, schloß jedoch sofort 1526 mit dem Papst, der durch die erstarkte Kaisermacht den Kirchenstaat gefährdet sah, ein Bündnis. Zur gleichen Zeit fiel der türkische Sultan in Ungarn ein und eroberte den größten Teil des Landes. Karl wandte sich zunächst gegen Rom, welches 1527 gestürmt wurde. Der Papst mußte sich ergeben. 1529 kam mit Frankreich ebenfalls eine Einigung zustande: Karl behielt Mailand, verzichtete aber auf Burgund.

Nicht zuletzt aufgrund der häufigen Abwesenheit des Kaisers verbreitete sich der Protestantismus in Deutschland immer stärker. Dem versuchte Karl 1530 auf dem Reichstag zu Augsburg ein Ende zu bereiten. Die Durchführung des Wormser Ediktes und die Rückgabe der bereits von den evangelischen Fürsten säkularisierten Kirchengüter wurden verlangt. Daraufhin schlossen sich die protestantischen Städte und Fürsten 1531 zum Schmalkaldischen Bund zusammen. Schon drohte ein Religionskrieg. Doch da der Kaiser protestantische Hilfe gegen die Türken benötigte, wurde ihnen bis zu einem Konzil Religionsfreiheit zugestanden. Karl kämpfte mit wechselndem Kriegsglück im Westen gegen Franz I., im Osten und im Mittelmeer gegen den türkischen Sultan. 1544 wurde mit Frankreich Frieden geschlossen, 1545 mit den Türken ein zwanzigjähriger Waffenstillstand vereinbart. Doch brach nun im Inneren der Krieg zwischen dem Kaiser und dem Schmalkaldischen Bund aus, da die Protestanten sich weigerten, das Konzil von Trient zu beschicken. Karl ging aus diesem Konflikt zwar siegreich hervor, doch sogar bei den katholischen Fürsten erregte die neue Machtfülle des Kaisers bald Besorgnis. Auch die ausländischen in Deutschland stationierten Söldner Karls V. erregten bei vielen Fürsten Angst. So schlossen sich die protestantischen Reichsstände in einem neuen Bund unter der Führung des Herzoges Moritz von Sachsen zusammen. Dieser wiederum schloß mit König Heinrich II. von Frankreich 1552 ein Bündnis. Offenkundig wurde der Verrat von Moritz, als dieser Karl in Innsbruck überfiel. Karl konnte nur mit knapper Not über die Alpen entkommen. Auch bei den katholischen deutschen Fürsten fand er keine Hilfe.

Karl beugte sich den Fürsten und verschob die religiöse Lösung auf den nächsten Reichstag. Dafür unterstützten ihn die Fürsten beim Kampf gegen Frankreich. Krank und mit der Erkenntnis, die kirchliche Einheit nicht bewahrt zu haben (1555 wurden nach dem Augsburger Religionsfrieden die lutherischen Reichsstände gleichberechtigt neben den katholischen zugelassen), dankte er 1556 ab. Karl starb am 21. September 1558 in Spanien. Sein Leben stand für den vergeblichen Versuch, die christlich-abendländische Welt noch einmal zu einigen.

 

Die Ausstellung "Kaiser Karl V. Macht und Ohnmacht Europas" ist in der Kunst- und Ausstellungshalle Bonn vom 25. Februar bis zum 21. Mai zu sehen. In Wien wird die Schau vom 16. Juni bis zum 10. September gezeigt.


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen