© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    09/00 25. Februar 2000

 
CD: Oper
Zu deutsch
Julia Poser

Da Gioachino Rossini an einem Schalttag, am 29. Ferbuar 1792 geboren wurde, könnten wir jetzt eigentlich am 29. Februar 2000 seinen 50. Geburtstag feiern. Als Geburtstagsgeschenk an alle Freunde des "Schwan von Pesaro" genannten Komponisten erfreut die Firma ARTS mit einer mustergültigen Einspielung seiner Oper "Armida".

Im Jahr 1815 kehrten nach dem Sturz der napoleonischen Herrschaft die Bourbonen wieder auf den Thron in Neapel zurück. Trotz all ihrer Schwächen waren sie großzügige Förderer der Musik. So galt das Teatro San Carlo als das schönste und am kostbarsten ausgestattete Theater Europas. In dem genialen Impresario Domenico Barbaja hatte das San Carlo einen Mann mit untrüglichem Spürsinn für große Talente gefunden. Neben großen Gesangstars wie Isabella Colbran hatte Barbaja den jungen, in Neapel noch unbekannten Rossini als Hauskomponisten verpflichtet. "Ein gewisser Signor Rossini ist hierhergekommen, um sein eigenes Werk, eine ’Elisabetta‘ zu präsentieren", schrieb süffisant das Giornale delle Due Sicilie, mußte aber nach der Premiere den glanzvollen Erfolg der "Elisabetta" und ihrer Interpretin Colbran anerkennen.

Im 1816 abgebrannten und binnen Jahresfrist schöner denn je wieder erbauten Teatro San Carlo wurde zur Eröffnung die prunkvoll ausgestattete "Armida" uraufgeführt. Trotz der verschwenderischen Ausstattung kam "Armida" weder beim Publikum noch bei der Kritik gut an. Die ungewöhnlich reiche Instrumtierung und eine neue Harmonik wurde Rossini von der Kritik als "zu deutsch" angekreidet. Doch nach einiger Zeit hatten sich die Neapolitaner an das "Germanische" gewöhnt und begannen die "deutsche Armida" zu schätzen.

Viele Komponisten vor Rossini, von Monteverdi bis Gluck, haben die Geschichte der Zauberin Armida vertont. Diese stammt aus Tassos "Befreitem Jerusalem" und schildert die Verführung des christlichen Kreuzritters Rinaldo. Großartig verstand es der jugendliche Komponist, die sinnliche Athmosphäre von Armidas Zaubergarten der klaren, gradlinigen Ritterwelt gegenüberzustellen. Das Liebesduett von Armida und Rinaldo im 2. Akt ist das Sinnlichste und Innigste, was Rossini je geschrieben hat.

"Armida" ist schwer zu besetzen. Nicht nur verlangt die Titelrolle eine Sängerin von höchsten stimmlichen Fähigkeiten, um sowohl das lockende Weib als auch am Ende die verlassene und von Rachegefühlen erfüllte Frau zu gestalten. Außerdem werden in dieser Oper vier gute Tenöre unterschiedlicher Stimmfärbung benötigt. Der Plattenfirma ist es gelungen, ein hochkarätiges Ensemble zu verpflichten. Unter dem Rossini-erfahrenen Dirigenten Claudio Scimone bringen "I Solisti Veneti" con fuoco (mit Feuer) nicht nur die helle Soldatenwelt der Kreuzritter mit martialischen Fanfarentönen, sondern auch inbrünstig Armidas lockende Verführungsszenen und ihren zwischen Liebe und Rache schwankenden Schlußmonolog.

Spielend bewältigt Cecilia Gasdia diese schwierige Partie mit ihrem herrlichen Sopran. Chris Merritt ist ein heldischer Rinaldo, William Matteuzzi prunkt mit unglaublichen Spitzentönen und Bruce Ford sowie Charles Workman mit leicht baritonalem Timbre ergänzen das erlesene Quartett der Ritter. Ferruccio Furlanetto verströmt als Bösewicht sonore Bassgewalt: Insgesamt eine Luxusbesetzung und die erste überzeugende Aufnahme dieser großartigen Oper.


 
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