© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    11/00 10. März 2000


Ausländer: Heinrich Lummer plädiert für ein restriktives Einwanderungsgesetz
Qualität statt Quantität

In der Tat kann man durchaus der Auffassung sein, mit einem Einwanderungsgesetz den Zustrom von Menschen nicht nur zu kanalisieren, sondern auch zu begrenzen. Denn ein Einwanderungsgesetz muß zumindest auch zwei Dinge regeln: die Frage der Quoten und die der Qualität der Zuwanderer. So ist es in den Einwanderungsgesetzen anderer Länder vorgesehen. Wenn eine Obergrenze der Zuwanderung festgelegt wird, ist es klar, daß die Zahlen der Asylbewerber, Kontingentflüchtlinge und anderer angerechnet werden müssen. Bleiben diese Zahlen insgesamt unter der Quote, kann eine entsprechende Zahl weiterer Menschen aufgenommen werden. Liegt die Zahl jedoch darüber, müßten die Regelungen für die verschiedenen Bereiche von Zuwanderern mit dem Ziel einer Verringerung verändert werden. Klar sollte dabei sein, daß die in einem Einwanderungsgesetz festzulegende Quote erheblich unter den jetzigen Zuwanderungszahlen liegen müßte.

Die entscheidende Frage ist daher wohl nicht das Einwanderungsgesetz, sondern eben die Frage, wieviel wir aufnehmen können und wollen. Daß bei der Festlegung der Quoten zum Beispiel Arbeitsmarktfragen und Fragen des Wohnungsmarktes eine Rolle zu spielen haben, sollte unumstritten sein. Hinsichtlich der Qualitätsmerkmale spielt natürlich ebenfalls der Arbeitsmarkt eine Rolle. Daneben müßten aber auch Fragen der kulturellen Distanz der Zuwanderer beachtet werden. Unser Interesse kann es beispielsweise nicht sein, in erster Linie Muslime einreisen zu lassen. Über diese Fragen einer Begrenzung der Zuwanderung gilt es zu reden. Dann kann ein Einwanderungsgesetz durchaus einen Sinn ergeben. Es darf kein Instrument zur Erhöhung der Zuwanderer sein, sondern zur Steuerung der Zahl auf einem niedrigeren Niveau.

Zunächst müssen wir also den Druck loswerden, der durch die hohen Asylbewerberzahlen entstanden ist. Niemand kann hier ernsthaft wollen, daß zu den faktischen Einwanderungszahlen noch eine gesetzlich festgelegte Quote dazukommt. Da die Quote in jedem Fall unter der derzeit faktischen Einwanderung liegen müßte, wäre das Problem: Wie verhindere ich Zuwanderer? Um dieses Ziel zu erreichen, brauche ich nun allerdings kein Einwanderungsgesetz. Man kann es machen, aber dadurch wird man kein Problem los. Man kann unrealistische Quoten und Qualitätsmerkmale in das Gesetz hineinschreiben, aber ohne das praktische Instrumentarium zur Einschränkung der Wanderung bleiben die Probleme, wie sie sind, oder sie vermehren sich noch.

Neben der Quote sollten – wie üblich – in einem Einwanderungsgesetz Qualitätsmerkmale stehen. Grob gesagt: Deutschland braucht keine Zuwanderung von Analphabeten, sondern von qualifizierten Arbeitskräften. Jedes Einwanderungsland hat seine Einwanderungspolitik an die Bedürfnisse des Arbeitsmarktes angepaßt. Das müßten und sollten auch wir tun. Um soziale Konflikte zu vermeiden, käme es auch darauf an, nur Menschen aus solchen Ländern kommen zu lassen, die keine große kulturelle Distanz zu uns aufweisen. Mit vielen schwarzen Muslimen zum Beispiel würde der soziale Friede bald nicht mehr halten. Dies bedenkend, fragt man sich, warum gerade diejenigen für ein Einwanderungsgesetz eintreten, die gegen eine drastische Einschränkung der gegenwärtigen Zuwanderung sind. Ich denke, diese Leute machen sich falsche Vorstellungen. Wir sollten deshalb nicht über ein abstraktes Einwanderungsgesetz reden, sondern über das, was der deutsche Arbeits- und Wohnungsmarkt und die Kasse verkraften können.

Die derzeitigen Zahlen überfordern Deutschland in jeder Hinsicht. Wenn jemand glaubt, die Zuwanderung sei keine Mitursache für die hohe Arbeitslosigkeit und Wohnungsnot, dann lügt er sich in die Tasche. Die beste Regierung wäre in den neunziger Jahren nicht in der Lage gewesen, für die Massenzuwanderung die notwendigen Arbeitsplätze und Wohnungen zu schaffen.

Welche Quoten wir möglicherweise im Jahre 2000 + X brauchen, weiß niemand genau. Deshalb müssen wir jede Quotenregelung flexibel gestalten. Jetzt jedenfalls kommen zu viele. Und dies gilt es zu regeln. Die Parteien sollten sich also darüber verständigen, welche Zahlen unser Markt verkraften kann. Dann sollten sie sich darauf einigen, wie man die Zahlen der Zuwanderer drastisch senken kann, und dann können sie ein Einwanderungsgesetz machen, in dem Verfahren vorgesehen werden, die notwendigen Quoten zu bestimmen.

Es kann kein Zweifel daran bestehen, daß in den nächsten Jahrzehnten genug Menschen da sein werden, die allzugern nach Deutschland kommen wollen. Ein Einwanderungsgesetz könnte den – hoffentlich gemeinsamen – Willen zur Zuzugsbegrenzung mit der Festlegung von Quoten und Qualität markieren. Es wäre nicht die Problemlösung. Dazu muß man die einzelnen Zuzugsmöglichkeiten entsprechend ändern.

 

Heinrich Lummer war Innensenator und Bürgermeister von Berlin und bis 1998 Bundestagsabgeordneter der CDU. Der hier veröffentlichte Text stammt aus seinem Buch "Deutschland soll deutsch bleiben" (Hohenrain, Tübingen 1999).


 
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