© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    11/00 10. März 2000

 
Rudi Dutschke: Berlin gedenkt des Studentenführers mit einem Ehrengrab
Er forderte die deutsche Einheit
Moritz Schwarz

Spärlich nur klingt dünnes Vogelgezwitscher durch das kahle Geäst des Friedhofs im noblen Berliner Vorort Dahlem. Ein schlichter Findling markiert die Grabstelle Rudi Dutschkes. Am vergangenen Dienstag wäre der Studentenführer von 1967/68 sechzig Jahre alt geworden. Doch statt Geburtstagstrubel gab es für den 1979 an den Folgen eines Attentats Gestorbenen lediglich Blumen auf sein Grab.

Seit Ende vorigen Jahres ist der Platz ein Ehrengrab der Stadt Berlin. Auf Initiative aus dem ehemaligen Freundeskreis’ Rudi Dutschkes hin brachten die Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus den Vorschlag ein, den umstrittenen Studentenführer so zu ehren. Gegen die Stimmen der CDU beschloß das Parlament, das Grab als Ehrengrab zu übernehmen. Die nächsten zwanzig Jahre kommt nun das Land Berlin für die Pflege auf.

In Rudi Dutschkes Heimatgemeinde ist der Stolz auf den großen Sohn bislang nur mäßig verbreitet. Die Idee, seine alte Schule ehrenhalber in Rudi-Dutschke-Gymnasium umzubennen, fand nicht allzuviele Anhänger. Nun heißt es wieder Friedrichsgymnasium, wie vor dem Krieg, benannt nach dem "Alten Fritz", ebenfalls ein höchst würdiger Namenspatron. Von den Kommunisten nach dem Krieg erst nach dem sozialkritischen und deutschnationalen schlesischen Dichter Gerhard Hauptmann, schließlich nach Lenin benannt, stellte sich nach der Wende erneut die Namensfrage.

Einige Stadtväter und der Bürgermeister wollten aber dennoch nicht auf eine Ehrung Dutschkes verzichten und stellten vor der Schule immerhin eine Gedenktafel auf. Schließlich war Dutschke hier nicht nur Schüler, sondern hatte auch in der Aula eine seiner frühen Reden, unter anderem für die deutsche Wiedervereinigung gehalten. Was allerdings auf der wortkargen Tafel keine Erwähnung findet.

Schüler des Friedrichsgymnasiums erstellten 1996 mit einigen Lehrern die Austellung "Die sollen sich nicht schämen für mich in Luckenwalde" über den Menschen Rudi Dutschke. Nach Berlin und Hamburg wanderte die Austellung weiter quer durch Deutschland. In Berlin aber erinnert außer dem Grab inzwischen auch ein "Rudi-Dutschke-Weg" an ihn.


 
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