© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    12/00 17. März 2000


George W. Bush
Ein moderater Konservativer
von Ronald Gläser

Hinter seiner Nominierung standen fast alle Abgeordneten, die Parteiführung und nicht zuletzt sein einflußreicher Vater, dessen Nachfolger im Weißen Haus George Bush junior werden möchte. Die überraschend erfolgreiche McCain- Kandidatur hat dem texanischen Gouverneur dann beinahe die Sprache verschlagen und ihn fast den Sieg gekostet. Ein George W. Bush nahestehender Senator drückte es so aus: "McCain stand nicht in unserem Drehbuch."

Trotzdem geht der Republikaner geht jetzt als aussichtsreicher Kandidat in das Rennen um die Präsidentschaft im November. Die einzige spannende Frage bleibt die Nominierung eines Vizepräsidenten. Sollte sich Bush für Elisabeth Dole entscheiden, hätte er eine bessere Wahl getroffen als seinerzeit der Vater mit dem glücklosen Dan Quayle. Zu gewagt war das Vabanquespiel des Herausforderers McCain, Bush als den Vertreter des rechten Flügels erscheinen zu lassen, weil McCain selbst die liberalen und unabhängigen Wähler einzusammeln hoffte. Seit seinem Auftritt in der konservativen, protestantischen John-Hopkins-Universität ist Bush den Attacken der linken Medien ausgesetzt, ein Handlanger der Christlichen Rechten zu sein. Das ist er nicht. Es handelt sich mehr um ein Zweckbündnis zur Bekämpfung Al Gores, wenn Vertreter der amerikanischen Rechten Bush nach Kräften unterstützen. Die Gemeinsamkeiten mit der Christlichen Rechten bestehen in der Abtreibungs-, der Quoten- und der Frage des vorehelichen Geschlechtsverkehrs.

Ansonsten gilt der Yale-Absolvent eher als ein moderater Konservativer. Zu seinen Erfolgen gehören eine Reform des Bildungswesens und eine Steuersenkung. Insgesamt wird das Ergebnis seiner vierjährigen Amtszeit in Texas positiv bewertet. Außenpolitisch ist er ein völlig unbeschriebenes Blatt, und seine Unkenntnis wurde von seinen Gegnern bereits mehrfach thematisiert. Bei einer außenpolitischen Rede im November unterstrich er die globale Führungsrolle der USA und sprach sich kompromißlos für Freihandel und "amerikanischen Internationalismus" aus.

George Bush erscheint ein wenig wie das rechte Spiegelbild des Amtsinhabers. Statt zu behaupten, er habe das Marihuana nicht inhaliert, bekräftigt der Wahltexaner, daß an den Geschichten um Kokain- und Alkoholmißbrauch nichts dran sei. Auch den Vietnamkrieg hat der 53jährige damals umgangen, indem er sich zur Nationalgarde meldete, wo er nach kürzester Zeit als Leutnant vorzeitig entlassen wurde, um einen Wahlkampf zu führen. Außerdem widmete er sich in den achtziger Jahren seinen politischen Ambitionen, die jetzt in der dritten Generation zur Familientradition gehören. Als er sich erstmals der Wahl zum Kongreß stellte, setzte er sich gegen zwei Kontrahenten der eigenen Partei durch, um dann bei der entscheidenden Wahl von einem Demokraten besiegt zu werden.


 
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