© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    13/00 24. März 2000


Die CDU lebt
von Dieter Stein

Wie ein Phönix aus der Asche steigt die neugeborene CDU auf nach der Nominierung der mecklenburgischen Politikerin und derzeitigen Generalsekretärin Angela Merkel zur Kandidatin für den Parteivorsitz der soeben noch verbrannten Partei. Angela Merkel scheint die Ruhe selbst zu sein. Wer hat sie in den vergangenen Wochen und Monaten nervös gesehen? Da lagen die Nerven bei manchem alten männlichen Kempen blank, während die als "Mädchen" abgetane Physikerin die Krise locker managte.

Bereits im Dezember hatte Angela Merkel in einem Zeitungsbeitrag die Emanzipierung der CDU von ihrem Übervater Helmut Kohl gefordert und dies auch ohne Polemik und Hektik vertreten. Noch ist offen, wofür die neue Parteichefin wirklich steht. Logo, in der Mitte steht sie, wie sich alle ihre Vorgänger politisch mit einer Volkspartei verortet sehen wollten, die den Anspruch erhebt, potentiell die Mehrheit des Volkes zu vertreten.

Es ist erstaunlich, daß die Empörung über den Spendenskandal der CDU fast völlig verpufft ist und sich eine Atmosphäre des gelangweilten "Können-wir-jetzt-mal-wieder-über-etwas-anderes-reden" breit macht. Die Medien schaukeln sich in Fällen wie der Spendenaffäre gegenseitig hoch – ist der Skandalgehalt ausgebeutet, dann verschwindet das Thema von der Bildfläche. Keine Zeitung ist davon ausgenommen (auch diese nicht). "Schon wieder CDU? Das können unsere Leser doch schon nicht mehr sehen!" Also kommt ein anderes Thema auf die Titelseite.

Offen ist, ob sich die CDU durch die Affäre ernsthaft verändert hat. Es spricht einiges dafür, daß der Spendenskandal den Bruch mit einem Vorsitzenden erleichtert hat, der noch die nächsten Jahre in die Partei hineinregiert und weiterhin Strippen gezogen hätte. Damit ist nun hoffentlich Schluß. Der Virtuose des Aussitzens hat dabei dennoch wieder eine Vorstellung in der hohen Fertigkeit seiner Kunst geboten: Hat er nicht vorgeführt, wie gerissen es ist, durchzuhalten und sich überrollen zu lassen? Ermüdet geben die Journalisten nun auf, Anti-Kohldemonstranten werden sich vor seiner Wilmersdorfer Wohnung auch irgendwann verlieren und verschwinden – doch was bleibt?

Die Bundespartei ist jetzt aufgrund der schlechten Finanzlage – trotz neuer Kohl-Spenden – zu drastischen Sparmaßnahmen und Stellenabbau gezwungen. Die Parteichefin wird merken, daß dies eine Organisation manchmal durchaus effizienter und schlagkräftiger macht. Vielleicht dämmert es ihr, daß auch der Staat eine solche Kur vertrüge und mit weniger Geld auskommen könnte, das man den Bürgern in legalisierter Wegelagerei seit Jahren in mittels Finanzamt abpreßt.


 
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