© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    13/00 24. März 2000

 
Walter Post: Die verleumdete Armee
Akribische Sorgfalt
Burkhart Berthold

Eigentlich ist man sie leid, die Wehrmachtsaustellung. Dennoch soll auf ein Buch hingewiesen werden, das selbst dann noch zu den wesentlichen Arbeiten zählen wird, wenn Hannes Heer nur noch eine Fußnote der Geschichte ist, irgendwo zwischen Konrad Kujau und Fritz Fischer. Walter Post hat sich – nach seiner Untersuchung zum "Unternehmen Barbarossa" und seiner Wiederentdeckung eines kritischen Klassikers zum Thema Pearl Harbour – der Aufgabe gewidmet, die Polemik gegen die Wehrmacht in einen fairen Prozeß zu verwandeln. Er überprüft das Material der Anklage; er legt Entlastungsdokumente vor, und er definiert rechtliche Kriterien.

Oft ist beklagt worden, daß die Ausstellung das damals geltende Kriegs- und Völkerrecht ignoriere. Post macht es transparent. Die Maßstäbe dafür liefert ihm eine Instanz, die gewiß nicht im Verdacht steht, nachsichtig mit den deutschen Soldaten umgegangen zu sein: der Internationale Militärgerichtshof zu Nürnberg. Zugleich stellt er dem Verhalten der Deutschen das der Russen gegenüber. Das ist gewiß notwendig, denn die eine Armee kann redlicherweise nicht beurteilt werden, ohne die andere zu betrachten. Doch neu ist das nicht. Man kennt die Berichte sowjetischer Bestialitäten, und man ist es im Grunde genommen leid, zum wiederholten Male Ilja Ehrenburg zitiert zu sehen.

Die Verharmloser der Wehrmachts-austellung, im Wortsinne "Unbelehrbare", konzedieren zwar ein paar zweifelhafte Fotos, verteidigen ansonsten aber jeden Zentimeter ihrer liebgewonnenen Psychose mit Zähnen und Klauen. Wenn Heer davon sprach, die Wehrmacht hätte einen Partisanenkrieg ohne Partisanen geführt, zeigt Post mit akribischer Sorgfalt, welchen Aufwand die Deutschen beim wirtschaftlichen Wiederaufbau der russischen Infrastruktur in den besetzten Gebieten trieben. Natürlich vorrangig zum eigenen Nutzen, indirekt aber auch zum Vorteil der russischen Zivilbevölkerung.

Bei allem erkennbaren Mitgefühl mit den Wehrmachts-Veteranen, deren Ehre von der Ausstellung angegriffen wurde, geht es Post um keine Mohrenwäsche. Die Verbrechen der Nationalsozialisten sowie das tatsächlich zeitweise exzessiv brutale Vorgehen zum Beispiel in Ser-bien werden keineswegs mit Taschenspielertricks – zweifelhaften Fotos oder getürkten Texten – fortgezaubert. "Das Vorgehen der Wehrmacht gegen den serbischen Aufstand im Herbst 1941 kann man nur als blanken Terror bezeichnen", schreibt Post, doch fährt er fort: "aber es handelt sich dabei um einen Extremfall, der für die deutsche Besatzungspolitik in Jugoslawien nicht typisch ist." Es wäre schön, wenn Heers willige Helfer so weit lesen würden.

Obschon die Ausstellung beinahe ins Glaubensbekenntnis des braven Verfassungspatrioten aufgenommen worden wäre, ist sie nun glücklich versenkt; muß man sie noch bekämpfen? Kann man nicht einfach die seltene Genugtuung genießen, einmal richtig schön recht bekommen zu haben? Vermutlich nein. Längst hat die Legendenbildung eingesetzt, böse Rechte hätten ihr den Garaus gemacht. Doch das ist Unsinn. Die Ausstellung ist daran gescheitert, daß ihr haarsträubende Schnitzer nachgewiesen wurden.

 

Walter Post: Die Verleumdete Armee. Die Wehrmacht und die Ausstellung "Vernichtungskrieg". Pour-le-Merite-Verlag, Kiel 2000, 320 Seiten, geb., 49,80 DM


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen