© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    14/00 31. März 2000

 
Film: Zum 85. Geburtstag von O.W. Fischer
An der Spitze der Gunst
Werner Olles

Daß sich der höchstbezahlte Star des bundesdeutschen Kinos der fünfziger Jahre in Hollywood nicht durchsetzen konnte, gehört auch für ihn selbst rückblickend zu seinen "schwärzesten Stunden". Obwohl O.W. Fischer 1956 mit den Universal-Studios einen Vertrag über zwei Filme abgeschlossen hatte, wurde er schon während der Dreharbeiten zu "My Man Godfrey" durch David Niven ersetzt, offiziell wegen "unüberbrückbarer Differenzen" mit Regisseur Henry Koster, der ihm wohl zu stark vorschreiben wollte, wie er die Rolle anzulegen habe.

In Deutschland ermöglichte ihm indes ein Mitspracherecht, auf Art und Anlage seiner Rollen Einfluß zu nehmen, wobei seine Vorliebe für positiv-zwiespältige, grüblerische und oft mit einer gewissen Mystik behaftete Ausnahmecharaktere deutlich wurde. So hatte er in seiner Paraderolle des Bayernkönigs Ludwig II. "stets die Ewigkeit im Blick, und seine Augen spiegelten die Sehnsucht nach Unsterblichkeit", wie die Süddeutsche Zeitung seinerzeit in einer Kritik schrieb.

Otto Wilhelm Fischer wurde am 1. April 1915 in Klosterneuburg bei Wien geboren. Der Vater war Jurist und später Hofrat der niederösterreichischen Landesregierung, sein älterer Bruder Franz Sektionschef des österreichischen Bundespressedienstes. Nach dem Abitur studierte er in Wien einige Semester Germanistik, Anglistik und Kunstgeschichte und begann 1936 am Reinhardt-Seminar Schauspielunterricht zu nehmen. Sein erstes Engagement führte ihn ans Theater in der Josephstadt, wo er in Schnitzlers "Liebelei" debütierte. Nach einem Zwischenspiel an den Münchner Kammerspielen gehörte er bis 1948 zum Ensemble des Deutschen Volkstheaters in Wien.

Im Wechsel mit den Theaterengagements – bis 1952 war er Mitglied des Wiener Burgtheaters – arbeitete er ab 1936 beim Film. Neben Curd Jürgens avancierte Fischer, der mit Maria Schell und später Ruth Leuwerik publikumswirksame Liebespaare mimte, zum Spitzendarsteller des deutschen Films. Mit Filmen wie "Erzherzog Johanns große Liebe", "Heidelberger Romanze", "Bis wir uns wiedersehen", "Der träumende Mund", "Solange du da bist", Ein Herz spielt falsch", "Tausend rote Rosen blühn", "Bildnis einer Unbekannten", "Herrscher ohne Krone", "...und nichts als die Wahrheit", "Ich suche dich", "El Hakim", "Skandal in Ischl", "Peter Voss, der Millionendieb", "Abschied von den Wolken" und "Menschen im Hotel" setzte er sich an die Spitze der deutschen Publikumsgunst. Unvergessen sind bis heute seine Darstellung des Thomas Lieven in der Simmel-Verfilmung "Es muß nicht immer Kaviar sein", sein Hauptmann Bluntschli in der Shaw-Verfilmung "Helden" oder seine Titelrolle als Hellseher Hanussen im gleichnamigen Film, bei dem er auch Regie führte.

Mitte der sechziger Jahre zog sich O.W. Fischer vom Film zurück. Gelegentlich trat er im Fernsehen auf und spielte wieder Theater, so bei den Salzburger Festspielen 1967 in Hofmanns-thals "Der Schwierige". Nach langer Pause stand er Ende der achtziger Jahre für drei Episoden des Unterhaltungsspecials "Herbst in Lugano" gemeinsam mit Maria Schell und Liselotte Pulver noch einmal vor der Kamera.

Seit dem Tode seiner Frau, der aus Prag stammenden Schauspielerin Anna (Nanni) Usell, mit der er seit 1942 verheiratet war, im Jahre 1985, lebt Fischer zurückgezogen am Luganer See. Der überzeugte Vegetarier, Imker und Katzenliebhaber beschäftigt sich intensiv mit Fragen der Sprachwissenschaft, der Philosophie, Psychologie und Metaphysik. Den reichen Erkenntnisschatz seines Lebens hat er in Vorträgen, Gedichten und seinen Memoiren ("Auferstehung in Hollywood", "Engelsknabe war ich keiner. Erinnerung an eine Jugend") der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.


 
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