© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    14/00 31. März 2000

 
Franz Schönhuber: Europas Patrioten. Woher – Wohin? Die Euro-Rechte
Ein Streifzug mit Erinnerungslücken
Johanna Grund

Franz Schönhubers sehr persönlicher Streifzug durch die illustre, zuweilen in grellen Farben schillernde Welt national gesinnter Parteien in verschiedenen europäischen Ländern – fiktiv als "Euro-Rechte" bezeichnet – braucht 133 Seiten bis zur richtigen Schlußfolgerung: Das einzige, was sie gemeinsam hätten, sei das, was sie trennt. Natürlich, denn für rechte Parteien stehen der Erhalt der völkischen Substanz und die Unverletzbarkeit des nationalen Territoriums im Vordergrund. Der Autor weiß aus eigenem Erleben als einstiger Vorsitzender einer patriotisch gesinnten Partei, welch starkem, oft genug mit den Waffen der Verleumdung geführten Druck der Internationalisten die sogenannte politische Rechte ständig ausgesetzt ist. Das mag von Land zu Land je nach Geschichte und Mentalität der Akteure unterschiedlich sein. Gemeinsam ist diesen Parteien ihr masochistischer Hang, Freunde als jene Extreme zu denunzieren, die der politische Gegner zur Diffamierung der Rechten braucht. Dies ist und bleibt ihre größte Schwäche.

In vielen, teilweise reportagehaft geschilderten Eindrücken zieht Schönhuber hier eine frustrierende Bilanz eigenen politischen Wirkens. Für Hoffnung bleibt wenig Raum. Trotzdem ist ihm zuzustimmen, daß ohne die weiterhin aufrechte Position der nationalen Parteien auch und besonders in Deutschland unser Leben ärmer sein, die Vielfalt der Einfalt weichen müßte. Auf dieser Basis bleibt auch seine Bemerkung über die Republikaner, er sei noch heute davon überzeugt, daß weite Teile des Programms richtig sind, gemeinsames Gedankengut des Autors und seiner Kritikerin – trotz allem, was vor zehn Jahren geschah.

Den Vorwurf freilich muß man Schönhuber machen, daß er politische Gruppen eindeutig unseriöser Art wie zum Beispiel die Parteien der Politclowns Wladimir Schirinowski und Miroslav Sladek - wenn auch mit negativer Einschätzung – mit ernsthaften national-freiheitlichen Bewegungen in einem Atemzug patriotisch nennt. Vojislav Seselj, was immer er für das serbische Volk bedeuten mag, hat in Anliegen und Auftreten nichts mit dem Vlaams Blok Karel Dillens und Frank Vanheckes zu tun. Außerdem weist das Buch lücken auf. Wo bleibt die Scottish National Party, wo bleibt die sehr aktive Dansk Folkeparti der resoluten Vorsitzenden Pia Kjaerkegaard, wo die norwegische Fremtidsparti von Carl I. Hagen, wo bleiben die spanischen Nationalparteien der Katalanen und der Basken, alle Parlamentsparteien und nicht Mauerblümchen im Null-Komma-Prozentbereich?

Bei allem Respekt vor seiner ungebrochenen publizistischen Aktivität: trotz hohen Alters fällt der aufmerksamen Leserin auf, daß Schönhubers Gedächtnis nachläßt. Der Flug mit Le Pen zu Saddam Hussein, um Geiseln zu befreien, fand nicht 1993, sondern bereits am 22. November 1990 auf dem Höhepunkt der Golfkrise statt. Auf deutscher Seite nahm Emil Schlee teil, den der Autor als fröhlichen Wandersmann durch mehrere Parteiwelten bezeichnet, und bewirkte die Heimkehr deutscher Techniker aus dem Irak. Schönhuber hatte sich gerade als Extremistenjäger im Streit aus der Fraktion verabschiedet.

Zum Schmunzeln eignet sich, was er seiner geschäftsführenden stellvertretenden Bundesvorsitzenden Johanna Grund nach all den märchenhaften Geschichten jener Zeit wieder andichtet. Sie war nie Frauenbeauftragte, und Schönhuber war nie Männerbeauftragter. So etwas gab es bei den Republikanern gar nicht. Und über den Rhein nach Kehl zum Essen ist Johanna Grund auch nie gefahren, sondern hat mit ihren Mitarbeitern einmal pro Parlamentswoche im Straßburger Gasthaus Ancienne Douane Kalbskopf oder Schweinshaxe gegessen, die feudalen Schlemmergelage einiger Kollegen aber nie mitgemacht. Schließlich hat es der Steuerbürger bezahlen müssen.

Und den Putsch von 1994 gegen ihn erwähnt er, weil er noch heute schmerzt, nicht aber seinen eigenen Putsch von 1990 gegen den bayerischen Landesvorsitzenden Harald Neubauer und weitere Funktionäre der Parteispitze als Fehlreaktion des Leitwolfes. Die Ursache gibt der Autor immerhin zu: Was Frauen angeht, haben nahezu alle rechten Parteien Defizite. Sie spielen in den Führungsebenen nur eine geringe Rolle. Hat eine Frau aber wider Erwarten doch Führungsqualitäten, wird sie zum Mann gemacht und als Monster abserviert.

Bestechend ist Schönhubers Darstellung des Front National und des Movimento Sociale Italiano. Hier kennt er sich bis in Privatissima hinein aus. Weniger gut weiß er über die Geschichte der Freiheitlichen Partei Österreichs Bescheid. Der ehemalige Hauptsturmführer der Waffen-SS, Friedrich Peter, war nie Vizekanzler. Als Vizekanzler der Bundesregierung in Wien fungierte Norbert Steger.

Immerhin, das Buch ist interessant und lesenswert, weil es tatsächlich das Elend rechter Parteien nach kurzen Perioden des Glanzes beschreibt. Nur wer selbst eine Etappe des Lebens mittendrin war und für die Sache mit ganzem Herzen brannte, erkennt die Schwächen und Untiefen der Geschichte.

 

Franz Schönhuber: Europas Patrioten. Woher – Wohin? Die Euro-Rechte, Chance oder Illusion. Verlagsgesellschaft Berg 2000, 142 Seiten, 38 Mark


 
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