© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    15/00 07. April 2000

 
Faschistische Namen
Südtirol: Resolution des Schützenbundes zur Ortsnamenfrage
Jakob Kaufmann

Der Südtiroler Schützenbund hat den neuen Gesetzesvorschlag der Südtiroler Volkspartei (SVP) zur Ortsnamenfrage (Toponomastik) kritisiert. "Die deutsche Mehrheit im Südtiroler Landtag will die vom Faschismus dem Lande und seiner angestammten Bevölkerung aufgezwungenen italienischen Ortsnamen legalisieren und damit faschistisches Unrecht und faschistische Assimilierungspolitik rechtfertigen", heißt es in der Resolution der Schützen.

Die Entschließung wurde im vollbesetzten Kursaal zu Meran verabschiedet. An diesem historischen Ort stimmte schon 1969 die SVP dem Maßnahmen-Paket zum besseren Schutz der Südtiroler zu. Was die SVP-Versammlung damals versäumte, wollte Schützen-Kommandant Richard Piock jetzt korrigiert wissen: "Nur wenn der Artikel 101 des Autonomiestatuts abgeschafft oder umformuliert wird, ist eine gerechte Lösung der Ortsnamenfrage möglich", meinte er in seiner Rede vor den Schützen. Der Toponomastik-Experte Egon Kühebacher bezeichnete die Passage als "Schandartikel". Der Artikel stellt frei, auch die deutschen Namen zu verwenden. Nach Piocks Meinung verhindere diese Regelung jedoch, die erfundenen italienischen Namen abzuschaffen. Die deutschen Namen, die historisch gewachsen sind, wurden 1923 (Gemeindenamen) und 1940 (Orts- und Flurnamen) durch erfundene italienische ersetzt und ihr Gebrauch verboten.

Die SVP hatte jüngst einen Gesetzesvorschlag vorgelegt, nach dem 550 dieser Bezeichnungen anerkannt würden. 7.500 Namen sollten mit dieser Initiative abgeschafft werden. Den Gemeinden würde aber freigestellt, wie sie die Ortsbezeichnungen in ihrem Gebiet wählen. Da sieht der Schützenbund die Gefahr, daß 4.000 bis 5.000 Bezeichnungen, die seit dem Faschismus Gültigkeit haben, anerkannt würden.

Italienische Parteien interpretieren den Artikel 101 in ihrem Sinne: Eine Streichung der italienischen, künstlichen Bezeichnungen aus dem amtlichen Namenbuch Südtirols betrachten sie als Verstoß gegen die vorgeschriebene Zweisprachigkeit. Da Namen jedoch nicht übersetzt werden können, handle es sich, so Kühebacher, bei der Doppelbezeichnung um Zweinamigkeit. Der geladene Vertreter des katalanischen Präsidenten, Ferran Pont, bezeugte, daß auch ein Name ausreicht: "Auch in Madrid werden die Namen unserer Provinzen nur in katalanisch geschrieben!"


 
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