© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    16/00 14. April 2000

 
Blick nach rechts
Heinz Fromm ist neuer Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz
Werner Olles

Genau an dem Tag, als Bundesinnenminister Otto Schily sich dafür entschied, Heinz Fromm, den derzeitigen Leiter der Justizvollzugsanstalt I in Kassel, zum neuen Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz zu ernennen, entfloh aus dessen Gefängnis ein zu Gartenarbeiten eingeteilter gewalttätiger türkischer Schwerverbrecher. Derartige Pannen hat es in der Laufbahn des politischen Beamten Fromm bislang nicht gegeben, jedenfalls sind in der Öffentlichkeit keine bekannt geworden.

1948 im nordhessischen Eschwege geboren, war der studierte Jurist zunächst im Justizdienst tätig, bevor er eine Tätigkeit als Leiter einer sozialtherapeutischen Einrichtung aufnahm. 1979 wurde Fromm dann persönlicher Referent beim damaligen Justizminister Herbert Günther (SPD), wechselte jedoch nach einem Jahr zurück in die Praxis als Leiter der Justizvollzugsanstalt Kassel. 1986 holte ihn ein erneuter Ruf seines politischen "Ziehvaters" Günther ins Ministerium zurück. Bis Ende 1991 war er dort als stellvertretender Leiter der Abteilung "Justizvollzug" tätig. Als Herbert Günther dann Innenminister wurde, avancierte Fromm zum Direktor des Hessischen Landesamtes für Verfassungsschutz in Wiesbaden.

Zum ersten Mal wurde damit eine solche Spitzenposition von einer rot-grünen Landesregierung besetzt. In seiner Amtszeit wurde das Amt personell ziemlich ausgedünnt, und nur das Argument, man müsse jetzt verstärkt den Rechtsextremismus ausforschen und bekämpfen, hielt den Koalitionspartner der SPD, die Grünen, letztlich davon ab, die Auflösung dieser Behörde zu fordern, wie sie es im Wahlkampf ihrer Klientel noch vollmundig versprochen hatten.

Daß Fromm dann im Jahre 1993 Staatssekretär in Günthers Innenministerium wurde, verdankte er ausgerechnet den von ihm so heftig bekämpften Rechtsextremisten. Nachdem es im Sommer des gleichen Jahres in Fulda zu auch im Ausland aufgeregt registrierten neonazistischen Demonstrationen gekommen war, schob man dem damaligen Innenstaatssekretär Christoph Kulenlampff die Schuld für diese offensichtlichen "Pannen" des LfV in die Schuhe. Auch als Günther ein Jahr später aus gesundheitlichen Gründen zurücktrat – tatsächlich war der konservative, bodenständige Sozialdemokrat alter Schule wohl wegen seiner vehementen Gegnerschaft zum grünen Koalitionspartner und hier speziell zum Hessischen Justizminister Rupert von Plottnitz von seiner Partei schnöde geopfert worden – und der Nordhesse Gerhard Bökel sein Nachfolger als Innenminister wurde, blieb Fromm auf seinem Posten. Nach dem Regierungswechsel im Frühjahr 1999 übernahm er auf eigenem Wunsch die Leitung der Kasseler JVA, der er schon einmal vorgestanden hatte.

Der Wahl Fromms zum neuen Chef des Inlands-Geheimdienstes waren einige mediale und politische Unsicherheiten vorangegangen. Zunächst war der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz, mehrfach als Kandidat in den Medien genannt worden, und grüne Innenpolitiker wie Christian Ströbele hatten ihm bereits prophylaktisch gratuliert. Nachdem Schily mit der SPD-Fraktionsführung, aber auch mit dem CDU/CSU-Fraktionschef Friedhelm Merz gesprochen hatte – bei diesen Erörterungen blieb der Koalitionspartner Bündnis 90/Die Grünen pikanterweise außen vor – fiel seine Wahl endgültig auf den soliden Fachbeamten Heinz Fromm. Dabei mag auch eine nicht zu unterschätzende Rolle gespielt haben, daß dieser keinerlei politische Ambitionen hat. Hinzu kommt, daß Schily mit seiner Entscheidung demonstrieren wollte, daß er sich als zuständiger Fachminister seine Befugnisse von niemandem aus der Hand nehmen läßt.

Nachdem Fromm nach der Verabschiedung von Peter Frisch am 10. April seinen Dienst angetreten hat, darf man gewiß davon ausgehen, daß er – wie bisher – sein Hauptaugenmerk auf die Aufklärung rechtsextremistischer Gewalt richten wird. Dagegen wäre kaum etwas einzuwenden, wenn er mit der gleichen Verve und Energie auch den gewalttätigen Ausländer-Extremismus (PKK, islamischer Fundamentalismus) und den kriminellen Linksextremismus (Autonome, Antifa) ins Visier nähme. Letztlich wird sich Fromm daran messen lassen müssen, wenn er sich nicht dem Verdacht aussetzen will, auf dem linken Auge blind zu sein.


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen