© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    16/00 14. April 2000

 
WIRTSCHAFT
Brüchige Bankenkultur
Bernd-Thomas Ramb

Dumm gelaufen. Vor dem Traualtar versagte die Dresdner Bank der Deutschen das Ja-Wort. Die Braut verweigerte sich, weil der Bräutigam schon vor dem Vollzug der Ehe ankündigte, die Juwelen der Braut verscherbeln zu wollen. Nun wählt die Braut das Kloster, während der Bräutigam ohne Schuldbewußtsein die Achseln zuckt und meint, mit seiner Potenz noch andere Jungfrauen betören zu können. Das moderne Märchen mit dem schlechten Ende verkürzt jedoch die Moral der Geschichte auf den sichtbaren Teil der Chronique scandaleuse.

Die Dresdner waren als kleinerer Partner stets in der Rolle des Schwächeren. Deutschbanker Breuers Diktion der Verbindung von Gleichen basierte jedoch auf der unausgesprochenen Interpretation, daß die Deutsche Bank die Dresdner allenfalls gleichermaßen zu Wort kommen läßt, die wichtigen Entscheidungen aber alleine fällt. Gentleman Rolf versuchte die delikate Angelegenheit nach altem Bankerbrauch diskret abzuwickeln. Seine Rechnung basierte auf der Einhaltung alter Traditionen, erfolgte aber ohne den Wirt in den eigenen Reihen. Die Nonchalance, mit der Breuer die Dresdner Investmentsparte Kleinwort Benson hochjubelte, führte in seiner eigenen Investmentabteilung zu saurem Aufstoßen.

Zunächst brachten die Mannen um den Vorstandszögling Ackermann Vorstandschef Breuer zum Wortbruch, als nächstes ist sein Rücktritt angepeilt. Breuers Vergehen war, nicht für möglich gehalten zu haben, daß auch im Bankensektor heute ein anderer Wind weht. Ackermanns zeitgenössische Devise, wer zuerst dem anderen in die Fresse schlägt, hat recht, wird wohl die Zukunft der deutschen Bankenkultur bestimmen – nicht mehr die feine englische Art.


 
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