© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    19/00 05. Mai 2000

 
Meldungen

Völkermord-Lektionen: Neu gelernt

JERUSALEM. Israels linksliberaler Bildungsminister Sarid hat den Schülern seines Landes eine neue Geschichtslektion verordnet. Erstmals sollen sie in ihren Schulbüchern mit dem Völkermord in Armenien vertraut gemacht werden, der, iniitiert von der türkischen Regierung, zwischen 1915 und 1923 etwa 1,5 Millionen Opfer forderte. In Israel war dieses Verbrechen bisher tabuisiert worden, weil es die "Singularität" des "Holocaust" zu relativieren drohte. Während Sarid so politischen Dogmatisierungen historischer Phänomene mit "Glasnot" begegnet, halten deutsche Geschichtspolitiker an alten Ritualen fest. In der tageszeitung fordert der Publizist Wolfgang Gust den Bundestag auf, sich zu einer "gewissen Mitschuld" am Völkermord an den Armeniern zu bekennen: Neue Dokumente würden den "Schuldanteil" kaiserlicher Diplomaten und Militärs an den Greueltaten ihrer damaligen Verbündeten belegen.

 

Eine Tagung im Preußenland

BERLIN. Für den 16. bis 18. Juni lädt die Historische Kommission für ost- und westpreußische Landesforschung nach Allenstein ein, wo sie ihre Jahrestagung zum Thema "Die Volksabstimmung 1920" abhält. Neben deutschen Referenten stellen auch polnische Zeithistoriker Studien zum ostpreußischen Plebiszit zur Diskussion. Nach den Treffen in Thorn (1996) und Elbing (1998) ist dies das dritte Mal, daß die 1923 in Königsberg/Pr. gegründete Kommission im "Preußenland" tagt. Nach drei Jahrzehnten der von Bonn und Berlin aus forcierten finanziellen Ausdünnung ähnlicher ostdeutscher Forschungsinstitutionen ist die Kommission, die einen starken personellen Rückhalt im Berliner Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz fand, heute das deutsche Zentrum für ost- und westpreußische Landesgeschichte.

 

Europas Geschichte: vor und nach 1945

MAINZ. Mit einem Festakt im Staatstheater feiert am 6. Mai das Institut für Europäische Geschichte in Mainz sein 50jähriges Bestehen. Die Einrichtung mit ihren beiden Abteilungen "Abendländische Religionsgeschichte" und "Universalgeschichte" vereinigt Theologen und Historiker unter einem Forschungsdach. Ihren Schwerpunkt haben beide Abteilungen in der Geschichte und Ideengeschichte des 16. bis 18. Jahrhunderts. Bei der Gründung stand 1950 die französische Besatzungsmacht Pate, die zusammen mit deutschen Historikern einen Beitrag zur Überwindung der "Erbfeindschaft" leisten wollte. Auf diese geschichtspolitischen Ursprünge ihres Instituts weisen die heutigen Direktoren Heinz Duchhardt und Gerhard May gern hin. Weniger gern darauf, daß in der Person des Gründungsdirektors Martin Göhring, der bis 1944 an der Reichsuniversität Straßburg lehrte, diese Ursprünge nicht nur biographisch ins kulturpolitische Umfeld der NS-Europaideen reichen.

 

Teurer Terror: Baustopp für Museum

BERLIN. Als 1993 erste Zahlen für einen Museumsbau genannt wurden, der die Ausstellung "Topographie des Terrors" beherbergen sollte, lagen die Schätzungen bei rund 10 Millionen Mark. Für den Bau nahe der einstigen Gestapo-Zentrale werden jetzt stolze 72 Millionen veranschlagt. Das Berliner Abgeordnetenhaus hat darum die Freigabe weiterer Mittel gestoppt. Um die Kostenexplosion in den Griff zu bekommen, werden erhebliche Änderungen an den Plänen des Architekten Paul Zumthor erwogen. Während man Kulturetats sonst rigoros beschneidet, dürfte hier der Lobbyismus jener die Oberhand behalten, die unter Hinweis auf die "unverzichtbaren antirassistischen Aufgaben" des Museums die Umsetzung des Maximalkonzepts fordern.


 
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