© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    20/00 12. Mai 2000

 
Agnes Hürland-Büning
Tante Skrupellos
von Michael Wiesberg

Im September 1999 war die ehemalige Parlamentarische Staatssekretärin Agnes Hürland-Büning (73) eine von vier Parlamentarierinnen, die bei Arbeitsaufnahme des Bundestags über ihr politisches Leben berichteten. Monate später steht ihr Name für kaum zu überbietenden Bereicherungswillen, der in der Geschichte der Bundesrepublik seinesgleichen sucht.

Äußerlich wirkt die 1926 in Dorsten/Lippe Geborene völlig unscheinbar: "Sie schaut aus wie die pensionierte Fleischerstochter aus der Nachbarschaft" schrieb das Neue Deutschland. Das sollte nicht über den energischen Willen hinwegtäuschen, mit dem die Dame ihre politische Karriere von Anfang an betrieb. Das Ende des Zweiten Weltkrieges erlebte sie in einer Munitionsfabrik. Dann ließ sie sich als Krankenschwester ausbilden, heiratete und wurde viermal Mutter. Nach der Rückkehr in den Beruf und dem Engagement in der CDU ging es steil bergauf: Kommunalpolitik, CDU-Landesvorstand, 1972 Einzug in den Bundestag. Hürland-Büning wurde Mitglied im Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung und 1982 Parlamentarische Geschäftsführerin. Als Parlamentarische Staatssekretärin im Verteidigungsministerium durfte sie sich zwischen 1987 und 1990 um die sozialen Belange der Soldaten kümmern.

Nach dem Verlassen der Hardthöhe beginnt ihre Beratertätigkeit, die zwischen 1991 und 1993 Millionen einbringt. Gegenüber dem Untersuchungsausschuß zur CDU-Spendenaffäre räumte sie ein, mit Thyssen und zwei Firmen, an denen Thyssen beteiligt war (Europarc Dreilinden GmbH und Elf Aquitaine) Beraterverträge mit einem Volumen von 8,5 Millionen Mark abgeschlossen zu haben. Doch damit nicht genug: Die für das Leuna-Projekt verantwortliche Konzerntochter TRT (Thyssen-Rheinstahl-Technik) zahlte Hürland-Büning insgesamt 338.000 Mark "zur Unterstützung bei der Durchsetzung von Projekten in den neuen Bundesländern". Weiter ist ein Vertrag mit der Bremer Rüstungsfirma Bruker bekannt geworden, der bis heute Gültigkeit haben soll. Laut Berliner Zeitung hat dieser Vertrag bisher 570.000 Mark eingebracht. Nur nebenbei: Das Ausscheiden aus dem Bundestag im Jahre 1990 wurde mit 280.000 Mark Übergangsgeld versüßt. Darüber hinaus erhält sie monatlich 13.000 Mark Pension für ihre frühere Tätigkeit als Staatssekretärin.

Das Bild der rührigen katholischen Christin hat die Bild-Zeitung abgerundet, die herausfand, daß drei Enkelkinder und ein Urenkelkind von "Frau Raffzahn", wie Hürland-Büning in der Bild-Zeitung genannt wird, von der Sozialhilfe leben müssen. Dem Untersuchungsausschuß hatte Hürland-Büning kurz vorher erklärt, das Geld für ihre vier Kinder und sieben Enkelkinder zu benötigen. Die Chuzpe, die Hürland-Büning vor dem Untersuchungsauschuß an den Tag gelegt hat, entspricht der Kaltschnäuzigkeit, mit der die CDU-Dame Geld einsammelt.


 
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