© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    20/00 12. Mai 2000

 
WIRTSCHAFT
Du sparst nicht allein
Bernd-Thomas Ramb

Von Scharping lernen, heißt siegen lernen", frozzelte jüngst der sozialdemokratische Bundeskanzler, in Abwandlung eines stalinistischen Zitats. Zu den jüngsten Sparüberlegungen des Verteidigungsministers hätte er auch sinnieren können: "Von Scharping lernen, heißt sparen lernen." Selten wurde soviel Kreativität bei den Sparmaßnahmen einer Bundesbehörde entwickelt. Teile der Verteidigungsaufgaben sollen demnächst an private Unternehmen vergeben werden. Die Palette reicht von der Verwaltung von Liegenschaften (samt Offenlegung von Bauplänen?), bis zur Beauftragung privater Sicherheitsfirmen zur Bewachung der Kasernen (samt Schlüsselgewalt über die Waffenkammer?). Die Fahrzeuge der Bundeswehr dürfen künftig von privaten Kfz-Werkstätten gewartet werden, aber bitte in die private Anmeldeschlange einreihen. Im Gegenzug soll die Bundeswehr als Dienstleistungsbetrieb in der Privatwirtschaft auftreten, etwa durch die Vermietung von Lkws und Bussen. Schröders Vergleich mit der Effizienz einer kommunistischen Planwirtschaft ist somit nachvollziehbar.

Die Sparmöglichkeiten sind noch nicht konsequent genug zu Ende gedacht. Warum nicht jeden Wehrpflichtigen mit einem PC-Ballerspiel ausrüsten, das beispielsweise die Zielelektronik der deutschen Panzer exakt simuliert? Jeder Soldat wird verpflichtet, jeden Tag zu Hause zwei Stunden am Computer, natürlich vernetzt mit der gesamten Bundeswehr, möglichst viele Abschußpunkte zu zocken. Die Wehrpflicht wird zum Heimarbeitsplatz. Ganze Kriegsmanöver lassen sich auf diese Weise billigst simulieren, wenn das Netz nicht von "I Love You"-Mails zusammengeschossen wird.

Nicht zu vergessen, die Kriegsverläufe lassen sich als Fernseh- shows vermarkten: "Du sparst nicht allein. Von ’Big Brother‘ lernen, heißt siegen lernen. Zlatko for Verteidigungsminister."


 
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