© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    20/00 12. Mai 2000

 
Super-Raabi und der Bänkelstreit
Der TV-Unterhalter Stefan Raab tritt zum Grand Prix in Stockholm an
Delf Christian Korschen

Am Abend des kommenden Samstag ist Kult(ur) angesagt. Zum x-ten Male zelebrieren die europäischen Gesangsnationen, dieses Jahr in Stockholm, ihren Tag des "Grand Prix d’Eurovision de la Chanson". Allein dieser bedeutungsvolle Name verheißt dem interessierten Musikomanen (und sind wir dies nicht alle?) bereits ein Gefühl lasziver Vorfreude; vermutet er doch hier ein verruchtes Stückchen postmoderner Erlebniskultur allererster Güte.

Dabei ist es völlig egal, wie und woraus sich die einzelnen Motive zusammensetzen, diesem Ereignis beizuwohnen, und ganz gleich, wem letztlich die persönlichen Vorlieben gelten. Uninteressant ist ebenso, ob auch diesmal wieder die Töne in Moll oder Dur, auf der Grundlage der europäischen zwölftonigen oder der vorderasiatisch-mediterranen pentatonischen Tonleiter zum besten gegeben werden: eine Gaudi wird es allemal. Dafür sorgen schon die singenden Rhapsoden, für die der Gesang mehr eine mental-exhibitionistische Leibesübung zu sein scheint und deren freakige musikalische Einlagen dem Trauergewinsel altgriechischer Klageweiber alle Ehre machen könnten.

Doch auch wenn wider Erwarten der Liederstreit der Bänkelsänger in langweilige Untiefen versinken sollte, einer wird uns davor bewahren: Super-Raabi. Gegen Stefan Raab (33), den Super-Helden aus Allemagne, ist noch kein Zaubertrank gebraut. Mit seinem hochintellektuellen und herzallerliebsten Beitrag "Wadde hadde dudde da", der direkt der tiefgründigen Volksseele entnommen wurde, wird der Top-Star des deutschen Comedy-TV (TV-Total) die Fahne unserer Nation voller Ehrfurcht und innerer Demut nach Stockholm tragen. Selbst der Angelsachse auf seiner Insel raunt, daß er dem teutonischen "Super-Kraut" und seiner rheinischen Frohnatur nichts entgegenzusetzen hat. Dabei spielt es keine Rolle, ob das ganze Grand-Prix-Theater Trash ist oder nicht. Raab wird sich auf jeden Fall als würdiger Vertreter der bundesdeutschen Spaßfraktion erweisen.


 
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