© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    20/00 12. Mai 2000

 
Reflexe aus Wien
Ernst Jarmer

Als antifaschistisches Aufdekkungsorgan hat sich dieser Tage die ansonsten als konservativ geltende Wiener Tageszeitung Die Presse entpuppt. Sie hat enthüllt, daß Gerhard Sailer, langjähriger Beamter im Verkehrsministerium und seit kurzem im Kabinett von Infrastrukturminister Michael Schmidt, im "Handbuch des Rechtsextremismus", herausgegeben vom Österreichischen Dokumentationsarchiv, erwähnt wird. Überdies – um die Liste der Sailer’schen Verbrechen zu komplettieren – habe er vor etwa 20 Jahren die "Aktion Neue Rechte" unterstützt, habe in der Zeitschrift Fakten publiziert und schließlich – das sei den Enthüllern hier verraten – auch in dem Wiener Schwesterblatt der JF Zur Zeit.

Minister Michael Schmidt scheint seinen nunmehr kurioserweise von der Presse und im Gefolge derer Berichte auch vom Spiegel attackierten Mitarbeiter halten zu wollen. Er sei "ein hervorragender Mitarbeiter" und im übrigen von einem sozialdemokratisch orientierten Sektionschef empfohlen worden.

Einigermaßen salopp und mit angemessenem Selbstbewußtsein ließ Minister Schmidt verlauten, daß auch er im Handbuch erwähnt sei, denn er habe seinerzeit als steirischer Landesrat eine Förderung für die Zeitschrift der freiheitlichen Akademikerverbände befürwortet.

Tatsächlich stehen im "Handbuch des Rechtsextremismus" in Österreich namentlich aufgeführt Persönlichkeiten von Theodor Adorno bis Christoph Zernatto, von Leonid Breschniew bis Woodrow Wilson. Und natürlich scheinen da mehrere Dutzend österreichischer Nationalrats- und Landtagsabgeordnete, Regierungsmitglieder und hochachtbare Wissenschaftler ebenso auf. Unter anderem natürlich auch ZZ-Chefredakteur Andreas Mölzer, der im Personenregister des famosen Handbuches nur noch vom unseligen Braunauer und dem Bärentaler übertroffen wird. Dieser Andreas Mölzer hat bekanntlich lange Jahre als ständiger Kolumnist der Presse geschrieben, die sich nunmehr als antifaschistisches Enthüllungsorgan zu profilieren versucht. Kurios, kurios!

Im Spiegel dieser Woche nun wurde eine noch kuriosere Antifa-Meldung unter der Überschrift "NPD-Lob aus Österreich" veröffentlicht. Sailer, so heißt es, sympathisierte mit Rechtsextremisten. Beweis: Er habe in der JF ein von der "NPD vertriebenes Antifa-Handbuch" positiv rezensiert. Die JF klagt nun auf Unterlassung. Denn: Das Buch wurde von einem Freiheitlichen Autorenkollektiv aus Österreich herausgegeben und von einem Verlag in Günzburg vertrieben.


 
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